Russen in Berlin – nicht alle Russen sind Kriegstreiber

An diesem besonderen Wochenende, an dem sich der brutale Überfall auf die Ukraine zum ersten Mal jährt, habe ich am Freitag (24.2.23) in der Rochus-Kirche hier in Köln-Bickendorf ein bewegendes Konzert mit jungen Musikerinnen und Musikern aus der Ukraine gehört. Die Qualität der musikalischen Beiträge war absolut riesig und spricht dem russischen Hochmut über eine angeblich zweitrangige Ukraine auch auf diesem Gebiet hohn. Ich wünschte, alle Beteiligten könnten bald in eine sichere und unbedrohte Ukraine zurückkehren (falls sie dies wollen). Ich weiß aber auch, dass das zur Zeit ein etwas naiver Traum ist.

Trotzdem ist es wichtig im Kopf zu behalten, dass nicht alle Russinnen und Russen mit den gleichgeschalteten und einer beständigen Gehirnwäsche unterzogenen Bewohnern dieses Staates in einen Topf geworfen werden dürfen. Der Tagesspiegel hat 3 Neu-Berlinnerinen und -Berliner vorgestellt, die den Sprung nach Berlin ins kalte Wasser einem korrumpierenden Leben in Russland vorgezogen haben. Ein anderes, passendes youtube-Video aus dem Sommer füge ich hinzu.

Russen in Berlin: Sasha Andjelo

Russen in Berlin: Natalie Goldman

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China Schurkenstaat?

Im Moment verdichten sich die Anzeichen, dass Russland aus China Drohnen im Angriffskrieg auf die Ukraine beziehen möchte. Es gäbe auch sonst einige Gründe, Produkte aus China zu meiden. Ich denke hier an die Menschenrechtssituation, speziell auch die der Uiguren, und die Unterdrückungsmaßnahmen in Hongkong. Ich könnte auch die aggressive Militärpolitik gegenüber Taiwan nennen. Ich empfehle daher allen, sich mit Käufen chinesischer Produkte zurückzuhalten. Wenn es zu der Drohnenlieferung kommt, sollten die Produkte oder Dienstleistungen möglichst umfassend und konsequent boykottiert werden.

Dies sind Produkte mit chinesischem Ursprung (nehme gerne Hinweise auf weitere Produkte, die ich übersehen habe, entgegen):

• Handy-Hersteller: Motorola Mobile (z.B. Motorola W220), Huawei, Xiaomi, Oppo, Vivo, Oneplus
• Netzwerktechnik: tp-link mit Überwachungskameras & Routern
• Sportausrüstung: Nike Joggingschuhe
• Computer: Lenovo
• Haushaltsgeräte: Haier, Midea, Sanyo (Haushaltsgeräte, Toshiba (Haushaltsgeräte) 
• TV & Bildschirme : Hisense, TCL, MI
• Drohnen: DJI
• Autos: Aiways, BYD, NIO, Lynk & Co, Maxus, MG Roewe, Ora, Wey, Geely (auch als Eigentümer von Volvo)
• Software-Produkte & Produktionsfirmen: TikTok, Wanda

Tanten unter sich

Heute hat die Ukraine es geschafft, 365 Tage dem Angriff russischer Truppen zu widerstehen. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Es ist für Europa – gerade für uns hier im Westen – bedeutsam, dass der 6. Akt sowjetischer oder russischer Aggression (Einmarsch in Polen 1939, Okkupation des Baltikums 1940, pro-sowjetischer Umsturzversuch in Litauen im Januar 1991, Krieg gegen Georgien 2008, Okkupation der Krim 2014) nicht mit vornehmer Zurückhaltung aus der Ferne „ausgesessen” wird. Die Ukraine verteidigt uns mit, meine Damen. Denn nicht nur Moldavien sieht sich aktuell konkreter Bedrohung und Umsturzplänen gegenüber. Es gibt in Russland genügend Kräfte, die vom Feuerball über Berlin phantasieren oder gleich bis Lissabon durchmarschieren wollen.

Was gibt nun das Tantentrio Schwarzer, Wagenknecht und Käßmann zu diesem Bedrohungsszenario zu Protokoll? Zunächst gibt es ein wohlfeiles Lippenbekenntnis:
„Die von Russland brutal überfallene ukrainische Bevölkerung braucht unsere Solidarität. Aber was wäre jetzt solidarisch?” Bevor noch irgendeine Handlung der bitter nötigen Solidarität für die Ukraine auch nur gedanklich erwogen wird, kommt der Hinweis auf die „die größte Atommacht der Welt”. Da lohnt die Gegenwehr eh nicht – ist der unausgesprochene Satz dahinter. Gerade die Stammtischstrateginnen und -strategen, die dem Widerstand der Ukrainer vielleicht ein paar Tage zugestanden haben, liegen heute erkennbar falsch. Die Ukraine hat den russischen Truppen und ihren Verbündeten empfindliche Niederlagen beigebracht, Russland hat nach glaubwürdigen Schätzungen etwa die Hälfte seiner Panzer eingebüßt. Unter diesen Umständen ist nicht einmal ein bedenkenloser Putin gut beraten, den ganz großen Schlagabtausch zu suchen. Er weiß, dass dieser Waffengang ihn unweigerlich selbst aus seiner Machtposition befördern würde.

Unglaubwürdig ist die Argumentation der Damen auch, wenn von „Bodentruppen“ gesprochen wird. Niemand hat dies im Westen je in Erwägung gezogen, auch wenn Putin in der Auswahl seiner Spießgesellen aus Tschechenien, dem Iran und Syrien wahrlich nicht wählerisch ist. Was allerdings möglich sein könnte, ist dass aus dem Westen Kampfflugzeuge zur Panzerbekämpfung wie die A-10 geschickt werden. Diese lassen sich zu einem Angriff auf fremdes Territorium kaum verwenden.

„Die Ukraine kann zwar – unterstützt durch den Westen – einzelne Schlachten gewinnen. Aber sie kann gegen die größte Atommacht der Welt keinen Krieg gewinnen.” Die Sätze leiten die Forderung ein, „jetzt” mit Verhandlungen zu beginnen. Wer aber soll hier verhandeln, ist die Frage. Frau Wagenknecht und Frau Schwarzer laden Herrn Putin zu selbstgebackenem Zupfkuchen ein und führen mal ein klärendes Gespräch? (So eine Karikatur in der FAZ) Wohl kaum.

Es wird tatsächlich irgendwann darauf ankommen, dass durch eine dritte Macht (sicher nicht China*, eher die UN, der Papst, Indien oder ein anderes außenstehendes Land mit genügend Eigengewicht) Verhandlungen – zunächst auf geheim gehaltenen Kanälen – ins Spiel gebracht werden. Das ist aber erst dann erfolgversprechend, wenn Russland durch Sanktionen, ausbleibenden Kriegserfolg, Druck aus der eigenen unterentwickelten und unterdrückten Zivilgesellschaft und – wichtig, meine Damen – unzweitdeutige Unterstützung für die Ukraine aus Europa eine Idee von der Aussichtslosigkeit seiner „Spezialoperation” gewinnt. Woher Sie übrigens die Ansicht gewinnen, „die Hälfte der deutschen Bevölkerung“ stünde auf Ihrer Seite, bleibt Ihr Geheimnis. Wann immer ich z.B. im „Tagesspiegel“ Meinungsumfragen zu strittigen Themen im Ukraine-Krieg beantwortet habe, waren die Befürworterinnen und Befürworter von Maßnahmen der militärischen Unterstützung der Ukraine in der Mehrzahl.

*schickt sich gerade an, Kamikaze-Drohnen nach Russland zu schicken

ein scheißstaat ist ein scheißstaat ist ein scheißstaat*

Noch im Ohr, wie Putin in seiner Rede vom 30.9.2022 allen Ernstes diesen Satz aussprach? «Unsere Werte sind Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Mitleid.« Diese hehren Begriffe standen nicht allein. In Putins Rede kamen auch diese Hochwertbegriffe vor: „Kultur” (8 Nennungen), „Freiheit” oder „frei” (insgesamt 28), „Recht” (24), „Wert” (6) und „Zivilisation” (2). Selbstverständlich alles für Russland reklamiert. Evangelischer Kirchentag? Weit gefehlt, Putin in der Feier der widerrechtlichen und verbrecherischen Aneignung von vier Gebietschaften der Ukraine. Messen wir Herrn Putin nun doch mal an solchen Standards von Zivilisation und Kultur! Neben Versorgung mit Nahrungsmitteln steht eine weitere elementare Leistung eines Gemeinwesens auf dem Prüfstand: Kann ein Staat die Stoffwechselendprodukte, vulgo „Scheiße”, auf angemessene Weise behandeln…

Nun – zusammengefasst – ergibt sich für Russland ein verdammt trübes Bild: Selbst laut des russischen (!) Staatlichem Statistikamts Rosstat verfügten 2018 mehr als 20 Prozent der russischen Haushalte über keinen Zugang zur zentralen Kanalisation. Water Aid, eine überstaatliche weltweite Organisation, befand, dass in vielen Städten immer noch „free defecation” praktiziert wird. Prost Mahlzeit, sage ich da nur. Auf dem Land stellt sich das Problem noch gravierender dar: Für 65,5 Prozent der Bewohner gibt es nur Sickergruben, 18 Prozent besitzen gar keine Toiletten oder Aborte. Zu solchen Zuständen passt ein gängiger Witz vom „Sibirischen Wanderklo“, das aus zwei Stöcken besteht.

Ist es unter diesen Umständen nicht geradezu tollkühn, Herr Putin, dermaßen vollmundig Kultur für sich in Anspruch zu nehmen? Lassen Sie es gut sein mit der „Spezialoperation”, Vladimirovitsch! Konzentrieren Sie sich lieber darauf, ein Abwassersystem auf der Höhe der Neuzeit in Ihrem Land flächendeckend zu etablieren. Die Hardware ist ja vorhanden, wie das Anlegen großer Systeme von Befestigungsgräben im Gebiet von Donezk zeigt. Also statt Befestigungsgräben lieber Gräben für eine Kanalisation in jedem Dorf und in jeder Stadt ziehen.

Konversion ist möglich, Herr Putin!

Wäre das keine wirklich menschenfreundliche Alternative? Das würde sich auch bei allen Russinnen und Russen bezahlt machen, die schon jahrzehntelang in vollgepissten Komunnalka-Klos ihr Geschäft verrichten mussten.

*frei nach Gertrude Stein