Boeing-Mitarbeiter offenbart weitere haarsträubende Interna

Letztes Jahr schon hatte der 34jährige Boeing-Ingenieur Curtis Ewbank Aufsehen erregt, als er sich öffentlich über die gravierenden Fehler im Design und in der Produktion der Boeing 737 MAX beklagte. Wie die Seattle Times nun wieder mitteilte, hat er gerade erneut in einem Bericht an einen Ausschuss des US-Senats schwere und grundsätzliche Mängel dieses Flugzeugs kritisiert.

Fast noch schwerer wiegt seine Kritik an der Aufsicht führenden FAA-Behörde: “If the FAA was truly regulating in the public interest, it would take action against Boeing for its continued deception and gross errors in the design and production of the 737 MAX by withdrawing Boeing’s production certificate.” [Würde die FAA wirklich ihre Regulierungsfunktion im öffentlichen Interesse ausüben, würde sie gegen Boeing wegen des fortgesetzten Betrugs und der groben Design- und Produktionsfehler bei der Boeing 737 MAX vorgehen, indem sie das Freigabe-Zertifikat für deren Produktion zurückziehen würde.]

Wer mag sich – frage ich mich – jemals in dieses Flugzeug setzen wollen? Vielleicht ist das aber auch der Versuch Boeings, den Umfang des Flugzeugverkehrs deutlich herabzusetzen. Da hätten sie meine volle Unterstützung…

Siehe auch Designfehler wie für ein Lehrbuch

Grundschulfreunde der Mutter (Berlin 1931) – #1

Wolf Biermann hat einmal solche Konstellationen als besonders spannend und lehrreich beschrieben, in denen „Geschichtsbuch” und „Fotoalbum” zusammenträfen. Ein bisschen fühlte ich mich an diesen Satz erinnert, als ich ein Fotoalbum meiner Mutter vornahm. Ich hatte es mal für Kinder und Geschwister digitalisiert. Das Album enthielt für mich geradezu rührende Bilder aus der Grundschulzeit meiner Mutter 1931 in Berlin. Das Foto unten trug die Unterschrift „Mit Martha und Seppl Hirschberg Juli 1931”.

Es lag nicht fern, Befürchtungen zu hegen, was Menschen mit solchen Namen während der Nazi-Zeit geschehen sein könnte. Eine Recherche bei MyHeritage hat mich erst einmal beruhigt: Martha Esther Hirschberg ist 1979 und Walter Joseph Hirschberg 1998 verstorben. Sie haben also die Shoah überlebt. Walter Joseph Hirschberg ist offenbar nach San Diego ausgewandert. Vielleicht gelingt es mir noch, die Fotos Angehörigen der beiden zusammen zu lassen.

Weitere Informationen sind sehr willkommen.

 

Siehe auch -- see also 
English -- Seppel (Joseph) Walter & Martha Esther Hirschberg
Deutsch -- Seppel (Joseph) Walter & Martha Esther Hirschberg

English -- Whereabouts of Lilli Cassel
Deutsch -- Hintergründe zu Lilli Cassel

English -- Class mates on an excursion / List of all class mates
Deutsch -- Klassenfoto vom Ausflug / Liste aus Fotoalbum

 

Rochus – ein Heiliger mit Tagesaktualität

Unterschiedliche Zeiten bringen unterschiedliche Formen hervor, wie man mit Seuchen oder – modern gesprochen – Pandemien umgeht. Im 14. Jahrhundert war jedenfalls die Pest dermaßen bedrohlich in Europa, dass man dem aus Montpellier stammenden Rochus (*1295 †1379) besondere Verehrung entgegen brachte. Dieser gab seinen Reichtum auf, trat in den Franziskaner-Orden ein und wendete sich den Pest-Kranken in Italien zu. In seine Heimat zurückgekommen, wurde er für einen Spion gehalten und ins Gefängnis geworfen. Er war dermaßen von Narben entstellt, die er selbst als Pest-Kranker empfangen hatte. Begraben liegt er in San Rocco, Venedig.

Rochus-Verehrung in Deutschland

Bildstock in Bonn-Dottendorf

Beten ist für viele Zeitgenossen aus der Mode gekommen. Wenn Selbstverständliches (Gesundheit, Lebenserwartung…) aber nicht mehr gilt, kommen auch heute noch Menschen wieder dazu, ihre Sorgen vor Gott oder eine vermittelnde Heilige oder einen vermittelnden Heiligen zu tragen. Das galt erst Recht in Zeiten, in denen die Gesundheitsversorgung überaus mangelhaft war. Seuchen wie die Pest, Typhus und andere haben regelmäßig ganze Landstriche entvölkert.

Rochus von Montpellier war im 14. Jahrhundert ein solcher Heiliger, der vielfach angerufen wurde und als Nothelfer galt. In Deutschland gab es in Bingen, in Olpe, in Lohr, in Overath-Heiligenhaus und in Großauheim bei Hanau Zentren dieser Verehrung. Hier im Rheinland gibt es in meinem Stadtteil Ehrenfeld-Bickendorf eine Rochuskapelle und die Rochuskirche, in Bonn-Dottendorf einen Rochus geweihten Bildstock.

Mehr Infos zum Thema: “Die Verehrung des Pestheiligen Rochus in Europa”.

Überleben im Nazi-Reich. Wie jüdische Deutsche der Shoah entkamen

Das zurückliegende Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs und die Befreiung von der Nazi-Diktatur haben noch einmal den Blick auf den letztlich leider vergeblichen Widerstand gegen Hitler gelenkt. Zwei Bücher möchte ich zu diesem 75. Jahrestag zur Lektüre empfehlen, die teilweise von den gleichen Personen und Begebenheiten handeln.

Peter Schneider, «Und wenn wir nur eine Stunde gewinnen…». Wie ein jüdischer Musiker die Nazi-Jahre überlebte, (rororo 23256) Berlin 2001
Schneider hat es unternommen, Konrad Latte – Decknamen Konrad Bauer – zu befragen und aus den Ergebnissen und zusammengetragenen Dokumenten eine eindringliche Erzählung zu erzeugen. Wir erfahren, wie die ganze Familie Latte, Konrad, seine Schwester Gabi und die beiden Eltern, den Schritt in die Illegalität angesichts der drohenden Deportation in den Osten geht. Konrad gelingt es als einzigem der Familie, durch ein gehöriges Maß an Chuzpe, manche glückliche Fügung und die Bereitschaft von einer Reihe deutscher Frauen und Männer, die Shoah zu überleben. Nach dem Krieg kann er das, was ihm in der Illegalität als Kirchenmusiker ein winziges Einkommen ermöglichte, endlich zum normalen Beruf machen: Er wird Korrepetitor an der Oper in Düsseldorf und später Erster Kapellmeister an der Staatsoper Berlin. Die meisten Jahre gilt später sein Engagement dem von ihm gegründeten Berliner Barock-Orchester.

Dass Konrad Latte zwischendurch mit trickreich beschafften falschen Papieren sogar in der Truppenbetreuung der Wehrmacht auftritt, kann einem als Leser schon den Atem nehmen. (Im Rheinland heißt so ein Verhalten kackfrech und hat hier überhaupt nichts Despektierliches.) Als Latte kurz vor dem Zusammenbruch von einem Kollegen mit dem Namen Undeutsch öffentlich auf sein jüdisches Aussehen angesprochen wird, dreht der junge Mann den Spieß um. Er kann sich mit einem Witz über dessen Namen erfolgreich aus der Affäre ziehen.

Das Buch setzt Latte, aber auch den Deutschen, die ihn unter Lebensgefahr unterstützt haben, ein literarisches Denkmal. Beschämend aber, dass das Bezirksamt Zehlendorf noch 1951 meinte, ihm den Status als Verfolgter des Nazi-Regimes absprechen zu müssen, weil er „seiner Gesinnung [als Regimegegner] nicht treu geblieben“ sei. Hätte Konrad Latte nicht oft zu unkonventionellen Schritten und Schein-Identitäten gegriffen, hätte er nicht überlebt.

Das Buch würde ich mir als Schullektüre wünschen, vielleicht auch als Spielfilm. Das Zeug zu einem Thriller hätte es allemal. Die Eigenschaften, die die porträtierten Menschen im Buch zeigen, würden uns auch in diesen verunsicherten Tagen gut zu Gesicht stehen.

• Ruth Andreas-Friedrich, Der Schattenmann. Tagebuchaufzeichnungen 1938–1945, (st1267) Frankfurt 1986
Frauen standen – wie Ruth Andreas-Friedrichs Buch zeigt – dem Mut und der Handlungsbereitschaft ihrer männlichen Mitstreiter gegen Nazi-Deutschland in nichts nach. Ihr Buch umfasst die Zeit von 1938 bis zum Zusammenbruch und dokumentiert ihre Tagebuchaufzeichnungen. Anfangs notiert sie eher die Reaktionen ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger. Je mehr sich die Lage zuspitzt und die Brutalität gegenüber Juden und anderen Missliebigen zunimmt, um so mehr erhalten die Aktionen von ihr, ihrem Freund Leo Borchard und einem Netz von Gleichgesinnten den Akzent. Viele Dinge zur Unterstützung muten alltäglich an: Schlafplätze an immer wieder anderen Orten beschaffen, überlebenswichtige Lebensmittelkarten organisieren, Legitimationen beschaffen und fälschen, Kontakte zu anderen Unterstützern pflegen und nutzen. Dabei den Nachstellungen und der Denunziationsbereitschaft der Häscher und Mitläufer zu entgehen wie den Bombenangriffen, erfordern ständige Konzentration und Einsatzbereitschaft.

Über Konrad Latte, der von ihrer Gruppe Emil ebenfalls unterstützt wird, schreibt Andreas-Friedrich:
Von Tag zu Tag wird Konrad waghalsiger. Mit der Mitgliedskarte der Musikkammer ist er bis in die Staatsoper vorgedrungen. Rührende Geschichten erzählt er: ausgebombte Wohnung, verlorene Habe, verstorbene Eltern, zerrüttete Gesundheit. Alles stimmt irgendwie. (S.131 – 22. März 1944)

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Lankum – eine Liebeserklärung

Nein, in der Lanxess-Arena hier in Köln werden sie nicht auftreten, sie bevorzugen kleinere Auftrittsgelegenheiten wie Wohnzimmer, Clubs oder kleine Konzertsäle. Um wen geht’s?

Radie Peat, die beiden Brüder Ian Lynch und Daragh Lynch und Cormac MacDiarmada bilden gemeinsam Lankum und leben in Dublin. Mit dem Namen der Band, der aus einem Traveller-Lied entnommen ist, ist auch programmatisch etwas gesagt: Es geht eher um Lieder von Außenseitern und den „Helden“ der Folksongs, die aber wiederum gerne – ein wenig gegen den Strich gebürstet – vorgetragen werden. Vielfalt bei den Instrumenten und die besondere Stimme von Radie Peat sorgen dafür, dass zu keiner Zeit eine Stimmung aufkommt Ok, noch ’ne Version von ’Wild Rover’. Wer Videos mag, kommt bei Lankum ebenfalls auf seine Kosten wie bei Hunting the Wren oder Cold Old Fire.

Wer wissen will, wie Folk ohne „-tümlich“ im Sinne von „volkstümlich“ geht, ist bei Lankum gut aufgehoben. Vielleicht sind sie sogar eine Gruppe, die zeigen kann, wie Folk im 21. Jahrhundert geht.

Liebe in den Zeiten von Covid-19

Covid-19-Zeiten sind Lesezeiten, zumindest bei uns. Meine Frau hat kürzlich Liebe in den Zeiten der Colera von Garcia Marquez wieder ausgegraben und ein zweites Mal gelesen. Was für ein kraftvoller Erzähler und welche anrührende Story vom Paar, das sich in der letzten Lebensphase endlich trifft…

Manchmal schreibt die Wirklichkeit verblüffend ähnliche Geschichten. Die New York Times berichtet jedenfalls von einem Paar in den Achtzigern an der deutsch-dänischen Grenze. Vieles erscheint wie gut erfunden und rührt, obwohl das Paar inzwischen sogar Besucher findet, die sich von der Geschichte überzeugen möchten. Es lohnt sich, den NY-Times-Artikel zu lesen.

…home of the brave

Es fühlt sich wirklich verquer an: Amerika, das home of the brave (Star Spangled Banner), als das es sich z.B. bei der Befreiung meines Landes von den Nazis erwies, mutet jetzt seiner eigenen Bevölkerung – allen voran den Afro-Amerikanern – Unerhörtes zu. Es scheint fast ein Spiel zu sein, wo die Schmerzgrenze der eigenen Bevölkerung liegt, zu testen, wie brave Frau und Herr Jedermann tatsächlich sind:

Ein völlig unzureichendes Gesundheitssystem, das nur für Leute mit Scheckheft (vielleicht) funktioniert, wird noch auf Wochen ansteigende Krankenzahlen zu verkraften haben, ohne dass dieses den Zahlen auch nur annähernd gewachsen wäre. Särge werden in Massengräbern beigesetzt, im Fly-Over-Land gibt es kaum Bettenkapazitäten etc. pp. Gleichzeitig meint der oberste …Mensch schon, Meinungen positiv weitergeben zu müssen, die die Stellung von einem der wenigen in der Entourage geduldeten Pandemieexperten Fauci untergraben. Kann dieser Knallcharge nicht mal jemand eine Ohrpfeife verpassen? Ich würde diese außergewöhnliche Maßnahme durch die minimale Aussicht, dass er auch nur ein wenig zur Besinnung kommen könnte, gerechtfertigt sehen.

Wir werden stattdessen schon bald sehen, dass Trump die Maßnahmen zur sozialen Distanzierung wieder einschränken, wenn nicht sogar aufheben wird. Die Wiederwahl muss ja her, Einbrüche in der Ökonomie vertragen diese nicht. Dann wirst du, USA, dich noch ganz anders als home of the brave erweisen müssen. Ein Vorschlag für die Patriotismus-Kommission: Sterne im Star Spangled Banner konsequenterweise pro 10.000 Gestorbenen durch Kreuze ersetzen. In einem von Foxnews sedierten Amerika scheint kein energischer Widerspruch zu erwarten zu sein.

WHO: ja oder nein? – Was darüber ist, das ist vom Übel

Dieser Präsident des großen Landes schafft es in seinen momentan täglichen Pressekonferenzen sich in einer Frage in 90 Minuten fundamental zu widersprechen. So geschehen in der Frage, sollten die Beiträge an die Weltgesundheitskonferenz (WHO) beibehalten oder gekürzt werden. Das hat auch die New York Times beunruhigt.

Was soll man aber von einem Präsidenten anders erwarten, der sich morgens bei der Entscheidung, welchen Fuß er in welchen Schuh stecken soll, schon intellektuell verausgabt hat. Wahrscheinlich hören auch die Kammerdiener ein weiteres ?I’m doing a great job?, wenn der Mann die Knöpfe und die Löcher seines Hemdes richtig zuordnet hat.

Amerika, du bist manchmal auch richtig bescheuert – aber diesen Mann hast du nicht verdient.

P.S. 16.4.2020: Die Mittel für die WHO sind inzwischen gestrichen, sehr zur Sorge mancher Menschen aus dem Gesundheitsbereich. Dies fand ich heute in der New York Times und kann nur sagen Jau, so ist es wohl.

In Trump, alas, we have the opposite: a man renowned for intellectual incontinence, rather than discipline. His plans to fight this pandemic vary from hour to hour, minute to minute. He has all the focus of a moth. It’ll miraculously disappear I mean it’s a mild flu I mean it’s serious I mean reopen the country I mean don’t reopen the country I mean yes reopen the country I mean I have absolute authority I mean the governors will do it.

His prefrontal cortex — the very part of the brain that controls executive function, anticipating and regulating and decision-making — is entirely offline.

Zu Hause programmieren lernen – calliope-Platinen werden verschenkt

Die calliope-Platine ist eine erfolgreiche Gemeinschaftsarbeit von verschiedenen Forschungseinrichtungen und einer privaten gemeinnützigen Firma. Eine an Scratch angelehnte Programmiersprache macht das Einfügen neuer Befehle so einfach wie das Zusammenfügen von Puzzle-Teilen. Sehr einfache, aber auch ziemlich anspruchsvolle Anwendungen lassen sich verblüffend rasch herstellen. Wem die Sensoren auf der Platine nicht reichen, bindet externe ein. So genial!

Wie die c’t meldet, bietet das Fraunhofer IAIS-Institut nun für 2000 Kinder und Grundschullehrer (leider auf NRW beschränkt) die Platine kostenlos an. Die unfreiwilligen Covid-19-Ferien lassen sich so sinnvoll füllen.