Gleich um gleich gesellt sich gern

Als wäre es von irgendwelchen bösen Menschen bestellt, trafen sich auf Einladung des russischen Botschafters Egon Krenz (SED, kurzzeitig für den Exekutor der “chinesischen Lösung” gehandelt), Gerhard Schröder (immer noch SPD), Klaus Ernst (Linkspartei) und Alexander Gauland und Tino Chrupalla (AfD).*

Sollten alle fünf im Olymp der spitting images verewigt werden, ist meine Meinung. Und SPD? Immer noch keinen Anlass gefunden, Schröder aus einer Partei mit einer langen demokratischen Tradition rauszuschmeißen?

*Quelle: https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/jahrestag-des-sieges-ueber-die-nazis-empfang-in-der-russischen-botschaft-li.346797

Russen in Berlin – nicht alle Russen sind Kriegstreiber

An diesem besonderen Wochenende, an dem sich der brutale Überfall auf die Ukraine zum ersten Mal jährt, habe ich am Freitag (24.2.23) in der Rochus-Kirche hier in Köln-Bickendorf ein bewegendes Konzert mit jungen Musikerinnen und Musikern aus der Ukraine gehört. Die Qualität der musikalischen Beiträge war absolut riesig und spricht dem russischen Hochmut über eine angeblich zweitrangige Ukraine auch auf diesem Gebiet hohn. Ich wünschte, alle Beteiligten könnten bald in eine sichere und unbedrohte Ukraine zurückkehren (falls sie dies wollen). Ich weiß aber auch, dass das zur Zeit ein etwas naiver Traum ist.

Trotzdem ist es wichtig im Kopf zu behalten, dass nicht alle Russinnen und Russen mit den gleichgeschalteten und einer beständigen Gehirnwäsche unterzogenen Bewohnern dieses Staates in einen Topf geworfen werden dürfen. Der Tagesspiegel hat 3 Neu-Berlinnerinen und -Berliner vorgestellt, die den Sprung nach Berlin ins kalte Wasser einem korrumpierenden Leben in Russland vorgezogen haben. Ein anderes, passendes youtube-Video aus dem Sommer füge ich hinzu.

Russen in Berlin: Sasha Andjelo

Russen in Berlin: Natalie Goldman

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Gotteslob würdigt Jochen Klepper und nimmt Lieder von ihm auf

Das Gesangsbuch für die katholische Kirche in deutschsprachigen Ländern heißt jetzt schon in der zweiten, völlig neu bearbeiteten Auflage Gotteslob. Es hat in mancherlei Hinsicht gewonnen. Die schönen Grafiken von Monika Bartholomé haben die Bleiwüste der Vorgängerversion „durchlüftet“. Dieses Buch lädt ein, auch einfach mal nur so durchgeblättert zu werden.

Noch wichtiger aber sind inhaltlich neue Dinge. Katholische Kirche zeigt sich hier mal ihrem Namen entsprechend (gr. katholikós allumfassend) offen und hat zum einen eine Anzahl fremdsprachiger Lieder berücksichtigt. Diese stammen beispielsweise aus dem englischen (Wait for the Lord GL 732), spanischen (Nada te turbe GL 813), französischen (La ténèbre GL 812) oder griechischen Sprachraum (Hágios ho Theós GL 300,2). Dass die ausdrucksstarken Lieder von Huub Osterhuis weiter vertreten sind, darf man als Erfolg gegen Hinterwäldler hervorheben.

Zum anderen wird mit Jochen Klepper ein Liedautor gewürdigt, der es schon lange in die evangelischen Gesangsbücher geschafft hat. Seine Liedtexte wurden – zu Unrecht wie ich meine – von seiner tragischen Lebensgeschichte überschattet. Jochen Klepper (*22.3.1903 – †11.12.1942) war ein evangelischer Pfarrerssohn, Schriftsteller und Journalist – ein Grenzgänger par excellence. Wegen seiner labilen Gesundheit beendete er sein Theologiestudium nicht. Er reüssierte jedoch mit Der Vater, einem Roman über Friedrich Wilhelm I. von Preußen und mit Der Kahn der fröhlichen Leute, einem Heimatroman. Außerdem gelang es ihm, im Vorwärts und im Wochenblatt Unsere Kirche zu publizieren. Auch im neuen Medium Rundfunk konnte er Beiträge plazieren.

Nach 1933 spitzte sich für ihn und seine Familie die Lage zu. Seine Frau, die zwei Töchter mit in die Ehe gebracht hatte, galt als Jüdin. Eine Weile vermochte Klepper seine Familie zu schützen. Seiner Tochter Brigitte gelang es, vor der drohenden Deportation über Schweden nach England zu emigrieren. Nachdem eine zwangsweise Annullierung der Ehe seine Frau und seine verbliebene Tochter Renate mit der Deportation und absehbarem Tod bedrohte, verübte Klepper gemeinsam mit beiden am 11.12.1942 Suizid. Sein Grab befindet sich in Berlin-Nikolassee, unweit von seiner letzten Wohnadresse. Der letzte Tagebucheintrag vor dem Suizid von ihm lautet: „Nachmittags die Verhandlung auf dem Sicherheitsdienst. Wir sterben nun – ach, auch das steht bei Gott – Wir gehen heute nacht gemeinsam in den Tod. Über uns steht in den letzten Stunden das Bild des Segnenden Christus, der um uns ringt. In dessen Anblick endet unser Leben.“

Überdauert haben ihn vor allem seine Lieder, die ein der Moderne angemessenes Gottesbild übermitteln. Das Gotteslob hat insgesamt 6 Lieder aufgenommen, eine Bistums- und eine Länderausgabe verzeichnet sogar ein weiteres.

Trostlied am Abend

In jeder Nacht, die mich bedroht,
ist immer noch dein Stern erschienen.
Und fordert es, Herr, dein Gebot,
so naht dein Engel, mir zu dienen.
In welchen Nöten ich mich fand,
du hast dein starkes Wort gesandt.

Hat banger Zweifel mich gequält,
hast du die Wahrheit nie entzogen.
Dein großes Herz hat nicht gezählt,
wie oft ich mich und dich betrogen.
Du wußtest ja, was mir gebricht.
Dein Wort bestand: Es werde Licht!

Hat schwere Sorge mich bedrängt,
ward deine Treue mir verheißen.
Den Strauchelnden hast du gelenkt
und wirst ihn stets vom Abgrund reißen.
Wenn immer ich den Weg nicht sah:
Dein Wort wies ihn. Das Ziel war nah.

Hat meine Sünde mich verklagt,
hast du den Freispruch schon verkündet.
Wo hat ein Richter je gesagt,
er sei dem Schuldigen verbündet?
Was ich auch über mich gebracht,
dein Wort hat stets mein Heil bedacht.

In jeder Nacht, die mich umfängt,
darf ich in deine Arme fallen,
und du, der nichts als Liebe denkt,
wachst über mir, wachst über allen.
Du birgst mich in der Finsternis.
Dein Wort bleibt noch im Tod gewiß.

Text: Jochen Klepper 1940
 

Dogan Akhanli – ein etwas anderer Held

Wieviele Saftsäcke der politischen Bühne erfreuen sich bester Gesundheit und dann stirbt so ein ruhiger und bescheidener Menschenrechtsaktivist und Schriftsteller… Nein, auch auf dieser Ebene geht es nicht gerecht zu in dieser Welt. Trotzdem sollten ihn alle Menschen in ihrem Herzen behalten. Dies gilt besonders für solche, die sich wie er für Frieden, Aufdeckung von Unrecht und beharrliches Widersprechen gegen gängige Lügen („Nein, in der Türkei hat es niemals einen Genozid an Armeniern gegeben”) einsetzen.

Ich habe ihn, als er noch in meinem Nachbarstadtteil Bickendorf wohnte, mal auf der Straße angesprochen und ihm meinen Respekt für sein Tun ausgesprochen. Auch per Email waren wir noch einmal in Kontakt. Shalom, Do?an Akhan?. Möge deine Person und deine Arbeit nicht in Vergessenheit geraten und von anderen Frauen und Männern fortgesetzt werden.

* Quelle des Fotos: Wikipedia-Artikel zu D. A.

Konzept für eine politische Theologie im Jahr 2021

Der Jesuit Felix Körner war vergangenen Mittwoch (24.3.21) bei der Katholischen Akademie in Berlin eingeladen, um sein Buch „Politische Religion – Theologie der Weltgestaltung: Christentum und Islam” vorzustellen. In einem fesselnden Gespräch mit Akademie-Leiter Hake konnte Körner nicht auf alle 7 Hauptkapitel gleichermaßen (1 Kultur, 2 Identität, 3 Gewalt, 4 Relativierung, 5 Schwäche, 6 Inspiration, 7 Anerkennung) innerhalb einer Stunde eingehen, verstand es aber trotzdem, wichtige Grundsätze von Christentum und Islam unter dem Blickwinkel „Politische Religion/Theologie” zu entfalten. Der Jesuit Körner, ein ausgewiesener Islam-Experte, war übrigens vor kurzem noch selbst in Berlin als Fellow am Wissenschaftskolleg und ist aktuell Professor für Dogmatik an der Gregoriana in Rom.

Welches Verständnis hat nun Körner von politischer Religion oder Theologie, die immer mal wieder auch unter einem Vorbehalt stand? Diese war z.B. in der Spätantike verdächtigt worden, einfach nur den Bestand der polis garantieren zu wollen. In den 70er und 80er Jahren hingegen musste sich eine gesellschaftskritisch verstehende Theologie z.B. eines J. B. Metz mit dem Vorwurf auseinandersetzen, den Glauben zugunsten der bloßen Hoffnung aufzugeben.

Schon im Buchtitel enthalten ist zunächst eine fundamentale Gemeinsamkeit, die Christentum und Islam teilen. Diese besteht in dem Anspruch, nicht nur die individuelle Frömmigkeit der Gläubigen fördern zu wollen, sondern die Welt insgesamt zu gestalten. Dass dies in einer pluralen Welt nicht mit einem Monopolanspruch geschehen kann, ist für Körner selbstverständlich. Seine Ausführungen umkreisen im einzelnen eine Fülle von Fragestellungen: Wie lässt sich die Tradition der Religion aneignen einschließlich deren außer-rationale Inhalte (z.B. Liturgie), ohne in einen entfremdenden und fremdbestimmten Prozess einzutreten? Wie lässt sich ausschließen, dass Religion zur Ausübung von Herrschaft und Gewalt missbraucht wird? Wie lässt sich Religion verwenden, um diese als Inspiration zu erfahren und mit ihr als Konzept im Konzert der anderen Stimmen einer pluralen Gesellschaft selbstbewusst, aber ohne Dominanzstreben aufzutreten? Wie kann die christliche Idee vom Reich Gottes so in der Außenwelt erfahrbar werden, dass sie mehr als die eigene Person umgestaltet?

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Hand-, fuß- und kopflos in Berlin

Nun gut, liebe Knall- und Querköppe, Sonderlinge, Verschrobene, Aluhüte und anderweitig Verpeilte, ihr habt am 29.8. am Gitter des Reichstags gekratzt. Das wird sicher nicht noch einmal passieren, da die Mehrheit hier dieses umkämpfte Symbol unserer Demokratie nicht mit euren Schreckgestalten verbunden sehen möchte. Vielleicht doch ein Faktencheck zu einigen eurer Behauptungen und Ideen gefällig? Wenn so etwas überhaupt noch tangiert…

• Da hat Tamara K. aus Roetgen ins Megaphon getrötet, Trump sei gerade nach Berlin gekommen, um nach dem Rechten zu sehen. Dies wurde an der Höhe der geflaggten US-Fahnen und der Beleuchtung der US-Botschaft abgelesen. Sagt mal, geht’s noch?? Selbst diese Oberpfeife hat im Moment Wichtigeres zu tun und macht in den USA fleißig Wahlkampf für seine hoffentlich nicht zustande kommende Wiederwahl. Wer aber Rationalität durch Spökenkiekerei der plattesten Sorte ersetzt, dem ist jeder Anlass für die eigene und fremde Hysterie recht.

• Stichwort “verfassungsgebende Versammlung”. Nehmen wir mal wohlwollend die Zahl 58.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer für eure Demo in Berlin an. Bei der letzten Bundestagswahl wurden rund 61,69 Millionen Bürgerinnen und Bürger zur Wahl gerufen. Teilt man diese Zahl durch die Teilnehmerzahl von Samstag, kommt ein Bruchteil von 1/1063,62068 heraus. Mit anderen Worten: Die Anzahl der Teilnehmer an der Gesamtzahl der Wahlberechtigten liegt im Bereich von etwas mehr als einem Promille (1/1000). Das als “verfassungsgebende Versammlung” zu verkaufen hat nicht nur ein Geschmäckle von Landfriedensbruch, sondern hier wird versucht, viel Hund mit ganz wenig Schwanz wackeln zu lassen. Das wird nicht hinhauen, Leute!

• Gandhi und Regenbogenfahnen: Vermutlich die, die nicht ganz vorvorgestrig erscheinen wollten, haben Gandhi-Poster und Regenbogenfahnen mitgebracht. Ehrenwerter Versuch! Gandhi war aber ein politischer Kämpfer, der schon ein bisschen anders gestrickt war als das, wofür eure Demo steht. Vielleicht guckt ihr euch mal – als erste Annäherung – den Attenborough-Film über Gandhi an. Wie langfristig und mit wieviel Bereitschaft für persönliche Konsequenzen waren seine Kampagnen angelegt! Es ging ihm nie darum, seine Gegner vordergründig schlecht aussehen zu lassen. Vielmehr fühlte er sich dem Prinzip von Sadagraha (ein Kunstwort aus “Wahrheit” (Sat) und “Festigkeit” (Agraha), das deutlich mehr umfasst als Gewaltlosigkeit) verpflichtet. Wieviel an “Wahrheit” ist denn in den Verlautbarungen vom Samstag enthalten? Kommende Schülergenerationen werden mal im Deutsch-Unterricht lernen, diese “Verlautbarungen” Stück für Stück zu zerlegen und auf ihren hysterischen, nicht historischen, Kern zurückzuführen. (Überhaupt, am Samstag ist reichlich Foto- und Filmmaterial erzeugt worden. Irgendwann mal beim Kaffeetisch werdet ihr von euren Enkeln und Enkelinnen – vermutlich ungläubig und verlegen – angesprochen werden, was ihr euch mit eurer Teilnahme am 29.8. gedacht habt.)

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Dorotheenstädtischer Friedhof Berlin Chausseestraße


Wikipedia verzeichnet alle bedeutenden Gräber, die sich auf diesem Friedhof finden lassen. Zwei Irrtümer zu diesem Friedhof: Biermann besingt den Friedhof als Hugenottenfriedhof (W. Biermann, Für meine Genossen). Der befindet sich aber woanders. Es gibt einen zweiten Dorotheenstädtischen Friedhof in der Liesenstraße, der aber mit dem an der Chausseestraße nicht verwechselt werden sollte.

Wer ein Café in der Nähe sucht, wird direkt auf dem Friedhof hinter der Kapelle fündig: guter Kuchen, winzig und viele Bücher im Regal, die auf die Toten des Friedhofs Bezug nehmen.

Berlin ehrt Weizenbaum mit Institutsgründung

Joseph Weizenbaum, 2008 verstorben, deutsch-amerikanischer Informatiker mit jüdischem Hintergrund wird von der Berliner Senatsverwaltung dadurch geehrt, dass das neue Internet-Institut in der Hardenbergstraße, um dessen Ansiedlung verschiedene Bundesländer konkurriert hatten, seinen Namen erhält.

Weizenbaum erlebte einen Wendepunkt in seiner Informatikerkarriere, als er die völlig naive Rezeption seines Eliza-Programms – ein Simulator, aber eben auch nicht mehr für Gesprächstherapie – bei Menschen in seiner Umgebung registrierte. Weizenbaum lebte seit 1996 überwiegend wieder in Berlin, von wo seine Familie 1935 noch rechtzeitig geflohen war. Sein Hauptwerk Macht der Computer und Ohnmacht der Vernunft ist immer noch ein wichtiges Werk für eine kritische Einordnung der Informatik und die Folgen einer ungebremsten Computerisierung aller Lebensräume.

Zu diesen Themen-Bündeln soll geforscht werden: Arbeit und Innovation, Verträge und Verantwortung auf digitalen Märkten, Governance und Normsetzung, Technikwandel, digitale Bildung sowie Partizipation und Öffentlichkeit.

Das Joe-Weizenbaum-Institut wird in den nächsten 5 Jahren mit Landes- und Bundesmitteln in Höhe von 55 Millionen Euro gefördert. Mit im Boot des Instituts sitzen die Freie Universität Berlin, die Humboldt-Universität, die Universität der Künste Berlin, die TU Berlin, das Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme und die Universität Potsdam.