Frau Wagenknecht braucht kein Mensch

Der Vergleich zwischen den Kriegskrediten, die 1914 im Deutschen Reich, übrigens auch von der SPD, gebilligt wurden, und dem diese Woche verabschiedeten Schuldenpaket von CDU/CSU, SPD und Grünen ist eine groteske Verzerrung. Frau Wagenknecht macht auf Rosa Luxenburg, verhebt sich aber gehörig an diesem Vorbild. (Sollte man ihr wenigstens den Klumpfuß gönnen?)

Ein entscheidender Unterschied zwischen 1914 und 2025 liegt darin, dass mit dem verabschiedeten Schuldenpaket neben der Infrastruktur und Klimaschutzmaßnahmen entscheidend die Wehrfähigkeit Deutschlands wiederhergestellt werden soll. Dies zu tun ist angesichts der russischen Aggression und Destabilisierungsmaßnahmen gegen die Ukraine und einige andere Länder unabweislich. Sich hier im Umkehrschluss das Friedenslabel anzuheften – wie es das BSW tut – ist in hohem Maß unredlich.

Wählerinnen und Wähler haben entschieden, dass diese Politik im Bundestag nicht mehr vertreten sein soll. Gut so. Nicht zuletzt wird damit das Kooptionsmodell des BSW abgestraft, dass den Zugang zu dieser Partei nur willfährigen und handverlesenen Mitgliedern erlaubte. (Es wäre spannend gewesen zu überprüfen, ob eine derartige Partei überhaupt die Finanzierung durch Wahlkampfkostenerstattung rechtmäßig für sich beanspruchen kann. Wenn das BSW aber auf Bundesebene nicht mehr stattfindet, hat sich diese Fragestellung erübrigt.)

Was im übrigen die von Frau Wagenknecht und ihren Claqueuren geforderten Verhandlungen mit Russland bringen, kann jeder aufmerksam Beobachtende deutlich sehen. Russland und die USA schmeißen die Ukraine dann eben gemeinsam vor den Bus.

Frauen, die widerständig sind

Die US-Regierung besteht aus Mistkerlen, die entweder inkompent (Kennedy) sind oder Macht (legale oder usurpierte) bedenkenlos (Musk) ausüben oder beide Eigenschaften aufweisen. Da gegen zu halten, ist eine besondere Leistung. Es sind Frauen, die zu ihren Überzeugungen stehen und Nachteile und Pressionen aushalten.

Zwei Frauen, die dies für mich auf bewundernswerte Weise getan haben, möchte ich vorstellen.

Tammy Duckworth (demokratische Senatorin aus Illinois)

Sie grillte – anders lässt sich das nicht beschreiben – den als stellvertretenden Sekretär im Verteidigungsminsterium nominierten Stephen Feinberg. Dieser konnte auf die Frage, ob Russland die Ukraine angegriffen hatte, keine Antwort geben. Ein Kommentator (unter dem Beitrag zu finden) bringt es auf den Punkt: Wouldn’t let this guy be in charge of a lemonade stand. Hut ab.

Lisa Murkowski (republikanische Senatorin aus Alaska)

Bei einem Townhall-Meeting sprach sich Murkowski jüngst deutlich gegen das Feuern von Staatsbediensteten aus, die sich nach Musks’ DOGE-Aktivitäten bedroht fühlten. Sie wies darauf hin, wie bedeutsam es für Bürgerinnen und Bürger ist, Partner in der Verwaltung tatsächlich ansprechen zu können.

Ebenso deutlich und abweichend von Rest von Trumps’ Wahlververein verurteilte sie die Position der Regierung gegenüber der Ukraine:

“It is wrong to suggest that somehow or other Ukraine started this war, or asked for this war. It is clear for all the world to see and to know that Putin invaded Ukraine and started the war, and they did it in Ukraine, just as they did with the invasion of Crimea. And over this time, Ukraine has fought valiantly. They have defended their sovereignty. They clearly have earned their right to sit at the negotiating table.”

Auch sie wird damit rechnen können, demnächst nicht mehr aufgestellt zu werden.

Quelle: alaskabeacon.com/2025/02/21/you-do-not-treat-people-in-this-manner-alaska-sen-murkowski-condemns-trump-firings-other-acts/

Bernie Sanders warnt vor dem Umbau der USA zu einem autoritären Staat

Wer eine Niederlage einfährt, leckt sich vielleicht eine Weile die Wunden, rappelt sich dann aber wieder auf. Demokratische Partei in den USA? Fehlanzeige.

Gut, dass ein Bernie Sanders (83, sic) bei diesem Verkriechen nicht mit macht. Er hielt am 11.2.25 eine Rede im Senat. In dieser warnt er glasklar vor dem Umbau der USA zu einem autoritären Staat. Sanders warnt nicht nur vor dem dramatischen Auseinanderklaffen des Reichtums. Hier die Musks, Bezos und Zuckerbergs, dort die große Mehrheit, die sich die Medikamente, die ihnen verschrieben wurde, nicht mehr leisten können. Auch ein Justizwesen unter Druck ist höchst bedrohlich. Genauso eine Presse, die sich Schadensersatzforderungen gegenüber sieht, sobald Unrecht beim Namen genannt wird. Auf den Punkt gebracht lautet die Gegenüberstellung bei Sanders: Statt der von Abraham Lincoln 1863 in Gettysberg beschworenen Regierung „of the people, by the people, for the people” steht als neue Vision „a government of the billionaire class, by the billionaire class, for billionaire class”. Amerikanerinnen und Amerikaner, zieht euch warm an…

Verständlich, dass er mit diesen klaren Worten offenbar vor einem weitgehend leeren Saal reden muss. Glücklicherweise ist diese Rede aber via youtube verfügbar. Wer sie hört, kann sich an diesem alten Haudegen aufrichten.

Der Text der Rede zum Nachlesen findet sich hier.

Kleine Zeichen des Protestes in den USA

Starten wir mit dem Positiven: Etwa 1000 Leute protestierten an diesem Wochenende an Straßen Vermounts stehend (das ist wirklich ein kleiner Bundesstaat) gegen Mistkerl J.D. Vance. Dieser wollte mit seiner Familie in Vermount Ski-Fahren.

Eine andere kritische Stimme zum gegenwärtigen Zustand der USA stammte kürzlich von Ethan Hawke. Auch T.C. Boyle äußert sich immer wieder kritisch.

Was aber ist mit dem großen Rest der Kulturschaffenden in den USA, von denen man Kritisches erwarten könnte? Haben Bob Dylan, Joni Mitchell, Eminem und all die anderen ihren Frieden mit diesem Trump-Regime gemacht? Feuern da keine Synapsen mehr? He, Aufwachen!

Meyerhoffs Resterampe

Joachim Meyerhoff ist mit einigen Büchern hervorgetreten, die das Skurile und manchmal auch Traurige seiner Lebensgeschichte dem Publikum nahebrachten. Das für ihn Einnehmende für mich war, dass er auch die eigenen Schwächen und Irrwege nicht ausnahm.

Sein letztes Buch Man kann auch in die Höhe fliegen erschien im letzten Jahr. Es wird notdürftig von einer Rahmenhandlung zusammengehalten: Meyerhoff zieht sich nach Schleswig-Holstein zu seiner Mutter zurück, um die Wirren der Großstadt Berlin und die Anforderungen und Konflikte seiner Patchworkfamilie hinter sich zu legen. Die Vitalität der über 80 Jahre alten Mutter steht im großen Kontrast zum gebeutelten Ich-Erzähler. Allmählich wirken sich jedoch der parkartige Garten und die praktischen Tätigkeiten, die dieser abverlangt, wohltuend aus.

Eingestreut in diesen Rahmen sind Geschichten eigenwilliger Inszenierungen, die Meyerhoff als Schauspieler oder Regisseur erlebt hat: Vom im Beichstuhl Onanierenden, zur Mutter aller Hänger in einer Theateraufführung im Duett mit einem versagenden Kollegen oder zu einer besonderen Aufführung im Gorki-Theater. Diese Aufführung soll als Reverenz an die Schauspielerkolleginnen und -kollegen dienen, die das Theater früher geprägt haben:  zu dieser DDR-Vergangenheit gehört z.B. eine Sauna im Theater oder ein Kollege, der akribisch den Applaus, den frühere Stücke eingefahren haben, aufgenommen hat. Das liest sich als Sammlung von kuriosen Begebenheiten und Ideen ganz nett. Mir wurde nicht immer klar, ist das nun in aufgeführte Theaterstücke eingeflossen oder nicht.

Vergleicht man diese Miniaturen und Geschichten mit dem, was Meyerhoff früher vorgelegt hat, erscheint mir dieser Band als allzu beliebig und zusammengestoppelt. Kann man, muss man aber nicht wirklich lesen…

Schickt Scholz auf’s Altenteil

Der amtierende Bundeskanzler steht mit der von ihm geführten SPD bei gerade mal um die 15 %, gebärdet sich aber, als sei er noch für Überraschungen gut. Er hat nicht einfache Umstände zu verarbeiten gehabt, das sei ihm zugestanden. Wer aber eine Christine Lambrecht als Verteidigungsministerin präsentiert, der ihre kosmetischen Behandlungen wichtiger waren als sich die Einweisungen in ihr Fachgebiet zu Gemüte zu führen. Wer mit kaum nachvollziehbaren Gedächtnislücken zum Thema Steuerverkürzung der Warburg-Bank auffiel. Wer als Scholzomat mit geringem Gespür für kommunikative Nuancen auffiel und nach außen häufig den Eindruck erweckte, die anderen seien einfach zu blöd. Wer den schwarzen CDU-Minister Chialo als „Hofnarr” meint bezeichnen zu müssen und wer in einer internen SPD-Sitzung schließlich abweichende Ministermeinungen der grünen Koaltionspartner zum Thema Ukraine-Krieg als „unpatriotisch” bewertete, der sollte jetzt von der politischen Macht entbunden werden.

Vielleicht gelingt es ja der SPD mit Boris Pistorius jemanden auf den Schild zu heben, der deutlich verbindlicher und verbindender wirkt. Zehn Prozent für die SPD bei der Wahl am Sontag tun es – meiner Meinung nach – auch. Das wäre das passende Signal an die SPD, sich neu aufstellen zu müssen.

Ermittlerinnen mit Pfiff – trotz Öffentlich-Rechtlicher

Ich wiederhole mich: Häufig empfinde ich das Programm der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender als Zumutung. Wie wohltuend, von zwei Ausnahmen zu berichten:

Rapa – 6 Folgen, spielt in Galizien in Nordspanien. Die ermittelnde Maite (Mónica López), zwischenzeitlich außer Dienst nach Schusswaffengebrauch, ermittelt in zwei Mordfällen und einer Vergewaltigung. Sie ist der Typ Frau mit einer Hälfte Charme und einer Hälfte professioneller Distanz. Auch winzige Veränderungen ihrer Miene sagen viel aus. An ihrer Seite befindet sich Tomás (Javier Cámara), ein an ALS leidender Lehrer, der ein kongenialer Partner ist. Auch wenn er sich mit dem Stock fortbewegen muss, ist er für Maite attraktiv. Es knistert gehörig zwischen den beiden. Dazu schöne Landschaftsaufnahmen aus Galizien und gute Filmmusik. Konflikte um ein umweltgefährdendes Abbauvorhaben lassen die Idylle nicht ins Kraut schießen. Sehr lohnend und bis auf weiteres in der arte-Mediathek:

Rapa

Spuren, 4 Folgen in der ersten Staffel, mit Nina Kunzendorf als Chefermittlerin Barbara Kramer. Nach dem Mord an einer jungen Frau in einem würtembergischen Weinort gerät zunächst der Ehemann unter Verdacht. Kurze Zeit später wird nicht allzu weit entfernt eine zweite Frau ermordet. Das ermittelnde Team muss wirklich alle Register ziehen, um auch nur einen halbwegs erfolgversprechenden Ansatz zu finden. Weiter hilft ein Blick ins Ausland nach verwandten Fällen. Sowohl DNA-Untersuchungen als auch die Auswertung von Mautdaten erweisen sich letztlich als Trumpfkarte. Gute darstellerische Leistungen und ein Blick auf die Mühen der Polizeiarbeit sprechen den Grips der Zuschauer(in) an und werben für diese Serie. Bis auf weiteres in der ard-Mediathek:

 

Spuren

It ain’t me, babe

Dieser Dylan-Titel fiel mir ein, als ich mich auf unterschiedliche Art angebaggert fühlte. Da gibt es die gröbere Variante („untervögelt”). Mails dieser Art kommen etwa so zahlreich wie Hinweise auf Treppenlifte, Wärmedecken und Viagra-Produkte – schon eine bezeichnende Mischung.  Dazu kommen die etwas intellektueller daherkommenden Kontaktangebote, gerne über linked.in. Werde dort in Zukunft Kontaktanfragen noch vorsichtiger beantworten. Und ja: Ein bisschen Bereitschaft auf Schmeichelei zu reagieren, ist vielleicht auch im Spiel. Ich weiß aber auch, in welcher Altersliga ich spiele und nichts ist peinlicher als darüber hinwegtäuschen zu wollen.

Also seid versichert: I’m ugly, poor and old and ain’t no sugar daddy at all. Und ich bin auch nicht von nebenan.

Hey guten Morgen, wie geht es dir?

Kürzlich geschenkt bekommen und als lesenswertes Buch betrachtet, alleine der Hype um das Buch ist übertrieben in meinen Augen.

Der Inhalt: Eine Frau, die durch die Doppelbelastung durch einen pflegebedürftigen Mann und die Existenz als freiberufliche Tänzerin und Performerin belastet ist, beginnt einen über instagram geführten Austausch in den Nachtstunden mit einem Mann in Nigeria. Was die Ich-Erzählerin und mittelbar Leserin und Leser eine Weile beschäftigt: Ist er nun ein Love-Scammer oder nicht?

Mein Buchhändler Klaus Bittner würde wahrscheinlich ein nur wenig freundliches Wort über die heute gängige autofiktionale Dichtung raushauen. Und ja, es ist vielleicht nicht die spannendste Frage zu entscheiden, wo Ich-Erzählerin und Martina Hefter zur Deckung kommen…

Was mich dann doch bis zum Ende des Buches hat durchhalten lassen, ist die sehr sorgfältige Prosa. Sie hebt das Buch über die Dutzendware dieser Tage. Dazu eine Kostprobe:

Bereits Ende April.
Die Zeit gar kein Strahl, sondern mehr so etwas wie eine Suppe.
Nur die Tatsache, dass wir dem Tod näher kommen, ragt immer in jede Handlung, in jedes Geschehen hinein.
Egal, was man gerade macht,
die Blumen gießt,
ein Brot isst,
tut man das auf dem Weg zum Sterben.
Dieser Vorgang heißt Altern.
Man altert ab der Geburt.    (S.207)

 

Mülltrennung – auf jeden Fall!

Der offizielle Iran fühlte sich auf den Schlips getreten, als in Frankreich mit diesem Bild für eine besondere Mülltrennung geworben wurde. Korrekterweise muss man feststellen, dass bei diesen auszusondernden Mistkerlen noch Trump, Orban und einige andere fehlen. Also Augen auf! Und Mülltonne bereit halten.

dt. Vergessen Sie nicht die Abfälle zu trennen