Krieg gehört geächtet, Kriegskleidung auch

Dass nicht wenige migrantische Männer und Jugendliche mit dieser Kleidung herumlaufen, eher unangenehm. Dass aber die Kriegskleidung inzwischen – geschlechtsübergreifend – auch in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist, gibt zu denken. Eine google-Suche nach diesen 4 Stichwörtern camouflage kleidung damen herren lieferte immerhin eine Trefferzahl von Ungefähr 4.790.000 Ergebnissen.

Ist es der Kick, etwas Unangepasstes zu tun, der Menschen dermaßen daneben greifen lässt? Will man / frau sich mit Vorsatz in die Nähe von Preppern, Paintball-Aktivisten, vielleicht sogar Wehrsportvereinigungen begeben – ich hoffe nicht.

Zur Erinnerung: Krieg tötet, jeden Tag, körperlich und seelisch. Es ist noch nicht einmal damit ausgestanden, dass eine Person Kriegsfolgen für sich individuell erleidet. Oder auch stirbt! Häufig werden Kriegsfolgen sogar transgenerationell weitergegeben.

Vielleicht bin ich nicht das beste Beispiel, aber bedrückt hat es mich schon: In den 60er Jahren hatte ich mein eigenes Zimmer neben dem Schlafzimmer meiner Eltern. Wie oft habe ich meinen Vater – der rettende Granatsplitter kam gerade rechtzeitig vor Stalingrad – Mama, Mama brüllen gehört, wenn ihn mal wieder Angstträume befielen.

Auch mein Schwiegervater war, obwohl dem Leben zugewandt, zeitlebends davon geprägt, dass er als 14jähriger Flak-Helfer nach den verheerenden Peter-und-Paul-Angriffen 1943 in Köln Leichen im Griechenmarktviertel in Köln beseitigen musste. Keller, in denen zu viele Leichen lagen, wurden mit einer Schüppe Kalk bedacht und zugemauert. Dieses Viertel war für ihn No-Go-Area für den Rest seiner Jahre.

Also Leute, denkt noch mal nach: Krieg ist nichts, dass man spielerisch zum Alltagsgegenstand machen sollte oder mit dessen Kleidung sich kokettieren ließe – Tarnkleidung ist Soldatensache. Punkt. Im übrigen sollte gelten: Schwerter zu Pflugscharen (Micha 4,3), Camouflage-Kleidung zu Putzlappen

Mr. B. Scheuer?

Verglichen damit, dass diese Zeiten wahrlich besondere Anforderungen stellen, sind die Leistungen der aktuellen Bundesregierung insgesamt ganz in Ordnung. Es gibt allerdings personenbezogen Ausnahmen: An erster Stelle fällt mir hier der Name des Verkehrsministers Andreas Scheuer ein.
Die Liste seiner Fehlleistungen ist schwerwiegend:

• PKW-Maut: Nur zu gut nachvollziehbar ist, dass Deutschland in seiner Lage in Zentraleuropa in- und ausländische private Autobahnnutzer genauso zur Kasse bittet, wie das in der Schweiz, Österreich und Frankreich schon lange der Fall ist. Sein dafür vorgesehene Gesetzesentwurf war aber so schludrig und selektiv erarbeitet, dass er erwartbar vor dem Europäischen Gerichtshof scheiterte. Das ist das grob fahrlässig. Kosten für den Steuerzahler: 70 Millionen Euro und Schadensersatzansprüche beteiligter Firmen in Höhe von 500 Millionen Euro.
• Auch bei der Diskussion um eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung auf deutschen Autobahnen zeigte sich der Minister als Vertreter der Bleifüße: Die positiven Auswirkungen einer solchen Geschwindigkeitsbegrenzung spürt jeder, der von Deutschland aus die Grenzen in Nachbarländer überschreitet: Es wird weniger hektisch und sicherer gefahren. Die Konsequenz: weniger Verkehrstote, weniger Kohlendioxid. Das sollte einem Minister, der für eine “C”-Partei im Bundestag sitzt, gut anstehen. Auch hier hat sich Herr Scheuer strikt geweigert und erzählt etwas von „intelligenten” Lösungen.
• Auch bei dem im April 2020 verabschiedeten neuen Bußgeldkatalog hat das Ministerium von A. Scheuer offenbar so nachlässig gearbeitet, dass das vollständige Inkrafttreten der Änderungen verhindert wurde. Die Maßnahmen sollten u.a. die Strafen für Geschwindigkeitsüberschreitungen verschärfen. Manche Menschen haben hier sogar Vorsatz vermutet.

Sehr geehrter Herr Scheuer, ich finde das reicht. Treten Sie zurück und machen Sie mal was anderes. Es wäre doch unvorteilhaft, wenn das Wortspiel aus dem Titel in „bescheuert” umzusetzen wäre. Die Wähler danken es Personen, die beizeiten zurücktreten: siehe Cem Özdemir, Bonusmeilenaffäre…

Karikaturen zu den Leistungen des Ministers finden sich reichlich:

„Vorschlag zur Güte

Badische Zeitung

Tagesspiegel

Mitschülerinnen der Mutter (Berlin 1931) – #3

Es ist schon pervers im Wortsinne von “verdreht”: Um mögliche jüdische Mitschülerinnen meiner Mutter und ihr Schicksal von 1933 bis 1945 zu ermitteln, mache ich mir die gleiche Brille zu eigen wie weiland die Nazis: Anhand der Namen auf diese ohnehin problematische Kategorie “Juden” (vergleiche die Diskussion zum Stichwort “Rasse”) zu schließen. Andererseits möchte ich in jedem Fall an die bedrohten oder vielleicht ermordeten Menschen von damals erinnern.

Nun, das sind Namen von Mitschülerinnen meiner Mutter, zu denen ich Informationen fand:
Lore Strauss, geboren 14.2.1924, diesem Namen zugeordnet fand ich auch den Namen “Lore Allard”, war Schülerin der Privaten Waldschule Kaliski. Von ihr stammt ein Brief an L. Kaliski aus London vom 16.11.1981. Wenn es die Lore Strauss aus der Schule meiner Mutter wäre, wäre sie der Shoah entkommen.
Hanna Markus: Die Yad Vashem-Datenbank verzeichnet eine “Hanchen Markus”, wohl auch Berlin, aber Jahrgang 1922. Befund unklar
Ruth Baer: zu einer Ruth Bähr, ebenfalls Jahrgang 1924, ebenfalls Wohnort Berlin, vermerkt die Yad Vashem-Datenbank “Während des Krieges war sie in Chelmno, Polen. Ruth wurde in der Schoah ermordet.” Zu einer weiteren Ruth Bähr vermerkt die gleiche Datenbank: “Ruth Bähr wurde 1924 geboren. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebte sie in Berlin, Deutsches Reich. Während des Krieges war sie in Berlin, Deutsches Reich und wurde mit transport 4 von Berlin, Berlin (Berlin), Stadt Berlin, Deutsches Reich nach Lodz, Getto, Polen am 01/11/1941 deportiert. Ruth wurde in der Schoah ermordet.” Ob eine von den beiden mit dem Namen Ruth Bähr aufgeführten Frauen mit Ruth Baer identisch ist, kann nicht entschieden werden, ist aber möglich.

Die Zuordnung der Namen zu den Gesichtern auf den Fotos kann nicht eindeutig vorgenommen werden. Daher oben ein Gesamtbild der Klasse meiner Mutter von einem Schulfest.

Eine Namensliste der Photographierten, die offensichtlich aber viel später angeferfertigt wurde.

 

Siehe auch -- see also 
English -- Seppel (Joseph) Walter & Martha Esther Hirschberg
Deutsch -- Seppel (Joseph) Walter & Martha Esther Hirschberg

English -- Whereabouts of Lilli Cassel
Deutsch -- Hintergründe zu Lilli Cassel

English -- Class mates on an excursion / List of all class mates
Deutsch -- Klassenfoto vom Ausflug / Liste aus Fotoalbum

 

Grundschulfreunde der Mutter (Berlin 1931) – #2

  Kein Mensch käme auf die Idee, diese sorglosen Bilder mit dem wenige Zeit nachfolgenden, von Deutschen begangenen Völkermord in Verbindung zu bringen: Ein knappes Dutzend Mädchen hat offenbar Spaß auf einer Geburtstagsfeier im Mai 1931 in Berlin. Ich fand diese Bilder ebenfalls im Fotoalbum meiner Mutter, vermutlich aufgenommen von meiner Großmutter. Sie zeigen Lili Cassel (die 1. in der Reihe auf dem obersten Bild), meine Mutter ist dort die vorletzte. Glücklicher Weise konnte Lili Cassel gemeinsam mit ihrer Schwester Ewa zunächst nach England entkommen. Später emigrierte die ganze Familie in die USA.

Im Jahre 1952 heiratete Lili ihren Mann Erich Wronker. In ihrem Berufsleben wurde sie eine anerkannte Illustratorin (u.a. von Kinderbüchern) und professionelle Schriftgestalterin. Ohne besonders religiös aufgewachsen zu sein, zeichnete sie sich als Kalligraphin für in Hebräisch geschriebene Texte aus. Bei ihrem Tod im Januar 2019 erhielt sie sogar im der  NY Times einen Nachruf. Shalom, Lili

Ein Brief aus dem Jahre 1933 an das Kindermädchen findet sich hier.
Ein Londoner Tagebuch mit zahlreichen Illustrationen aus dem englischen Exil gibt es ebenfalls.

 

Siehe auch -- see also 
English -- Seppel (Joseph) Walter & Martha Esther Hirschberg
Deutsch -- Seppel (Joseph) Walter & Martha Esther Hirschberg

English -- Whereabouts of Lilli Cassel
Deutsch -- Hintergründe zu Lilli Cassel

English -- Class mates on an excursion / List of all class mates
Deutsch -- Klassenfoto vom Ausflug / Liste aus Fotoalbum

 

Grundschulfreunde der Mutter (Berlin 1931) – #1

Wolf Biermann hat einmal solche Konstellationen als besonders spannend und lehrreich beschrieben, in denen „Geschichtsbuch” und „Fotoalbum” zusammenträfen. Ein bisschen fühlte ich mich an diesen Satz erinnert, als ich ein Fotoalbum meiner Mutter vornahm. Ich hatte es mal für Kinder und Geschwister digitalisiert. Das Album enthielt für mich geradezu rührende Bilder aus der Grundschulzeit meiner Mutter 1931 in Berlin. Das Foto unten trug die Unterschrift „Mit Martha und Seppl Hirschberg Juli 1931”.

Es lag nicht fern, Befürchtungen zu hegen, was Menschen mit solchen Namen während der Nazi-Zeit geschehen sein könnte. Eine Recherche bei MyHeritage hat mich erst einmal beruhigt: Martha Esther Hirschberg ist 1979 und Walter Joseph Hirschberg 1998 verstorben. Sie haben also die Shoah überlebt. Walter Joseph Hirschberg ist offenbar nach San Diego ausgewandert. Vielleicht gelingt es mir noch, die Fotos Angehörigen der beiden zusammen zu lassen.

Weitere Informationen sind sehr willkommen.

 

Siehe auch -- see also 
English -- Seppel (Joseph) Walter & Martha Esther Hirschberg
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English -- Class mates on an excursion / List of all class mates
Deutsch -- Klassenfoto vom Ausflug / Liste aus Fotoalbum

 

Überleben im Nazi-Reich. Wie jüdische Deutsche der Shoah entkamen

Das zurückliegende Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs und die Befreiung von der Nazi-Diktatur haben noch einmal den Blick auf den letztlich leider vergeblichen Widerstand gegen Hitler gelenkt. Zwei Bücher möchte ich zu diesem 75. Jahrestag zur Lektüre empfehlen, die teilweise von den gleichen Personen und Begebenheiten handeln.

Peter Schneider, «Und wenn wir nur eine Stunde gewinnen…». Wie ein jüdischer Musiker die Nazi-Jahre überlebte, (rororo 23256) Berlin 2001
Schneider hat es unternommen, Konrad Latte – Decknamen Konrad Bauer – zu befragen und aus den Ergebnissen und zusammengetragenen Dokumenten eine eindringliche Erzählung zu erzeugen. Wir erfahren, wie die ganze Familie Latte, Konrad, seine Schwester Gabi und die beiden Eltern, den Schritt in die Illegalität angesichts der drohenden Deportation in den Osten geht. Konrad gelingt es als einzigem der Familie, durch ein gehöriges Maß an Chuzpe, manche glückliche Fügung und die Bereitschaft von einer Reihe deutscher Frauen und Männer, die Shoah zu überleben. Nach dem Krieg kann er das, was ihm in der Illegalität als Kirchenmusiker ein winziges Einkommen ermöglichte, endlich zum normalen Beruf machen: Er wird Korrepetitor an der Oper in Düsseldorf und später Erster Kapellmeister an der Staatsoper Berlin. Die meisten Jahre gilt später sein Engagement dem von ihm gegründeten Berliner Barock-Orchester.

Dass Konrad Latte zwischendurch mit trickreich beschafften falschen Papieren sogar in der Truppenbetreuung der Wehrmacht auftritt, kann einem als Leser schon den Atem nehmen. (Im Rheinland heißt so ein Verhalten kackfrech und hat hier überhaupt nichts Despektierliches.) Als Latte kurz vor dem Zusammenbruch von einem Kollegen mit dem Namen Undeutsch öffentlich auf sein jüdisches Aussehen angesprochen wird, dreht der junge Mann den Spieß um. Er kann sich mit einem Witz über dessen Namen erfolgreich aus der Affäre ziehen.

Das Buch setzt Latte, aber auch den Deutschen, die ihn unter Lebensgefahr unterstützt haben, ein literarisches Denkmal. Beschämend aber, dass das Bezirksamt Zehlendorf noch 1951 meinte, ihm den Status als Verfolgter des Nazi-Regimes absprechen zu müssen, weil er „seiner Gesinnung [als Regimegegner] nicht treu geblieben“ sei. Hätte Konrad Latte nicht oft zu unkonventionellen Schritten und Schein-Identitäten gegriffen, hätte er nicht überlebt.

Das Buch würde ich mir als Schullektüre wünschen, vielleicht auch als Spielfilm. Das Zeug zu einem Thriller hätte es allemal. Die Eigenschaften, die die porträtierten Menschen im Buch zeigen, würden uns auch in diesen verunsicherten Tagen gut zu Gesicht stehen.

• Ruth Andreas-Friedrich, Der Schattenmann. Tagebuchaufzeichnungen 1938–1945, (st1267) Frankfurt 1986
Frauen standen – wie Ruth Andreas-Friedrichs Buch zeigt – dem Mut und der Handlungsbereitschaft ihrer männlichen Mitstreiter gegen Nazi-Deutschland in nichts nach. Ihr Buch umfasst die Zeit von 1938 bis zum Zusammenbruch und dokumentiert ihre Tagebuchaufzeichnungen. Anfangs notiert sie eher die Reaktionen ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger. Je mehr sich die Lage zuspitzt und die Brutalität gegenüber Juden und anderen Missliebigen zunimmt, um so mehr erhalten die Aktionen von ihr, ihrem Freund Leo Borchard und einem Netz von Gleichgesinnten den Akzent. Viele Dinge zur Unterstützung muten alltäglich an: Schlafplätze an immer wieder anderen Orten beschaffen, überlebenswichtige Lebensmittelkarten organisieren, Legitimationen beschaffen und fälschen, Kontakte zu anderen Unterstützern pflegen und nutzen. Dabei den Nachstellungen und der Denunziationsbereitschaft der Häscher und Mitläufer zu entgehen wie den Bombenangriffen, erfordern ständige Konzentration und Einsatzbereitschaft.

Über Konrad Latte, der von ihrer Gruppe Emil ebenfalls unterstützt wird, schreibt Andreas-Friedrich:
Von Tag zu Tag wird Konrad waghalsiger. Mit der Mitgliedskarte der Musikkammer ist er bis in die Staatsoper vorgedrungen. Rührende Geschichten erzählt er: ausgebombte Wohnung, verlorene Habe, verstorbene Eltern, zerrüttete Gesundheit. Alles stimmt irgendwie. (S.131 – 22. März 1944)

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…home of the brave

Es fühlt sich wirklich verquer an: Amerika, das home of the brave (Star Spangled Banner), als das es sich z.B. bei der Befreiung meines Landes von den Nazis erwies, mutet jetzt seiner eigenen Bevölkerung – allen voran den Afro-Amerikanern – Unerhörtes zu. Es scheint fast ein Spiel zu sein, wo die Schmerzgrenze der eigenen Bevölkerung liegt, zu testen, wie brave Frau und Herr Jedermann tatsächlich sind:

Ein völlig unzureichendes Gesundheitssystem, das nur für Leute mit Scheckheft (vielleicht) funktioniert, wird noch auf Wochen ansteigende Krankenzahlen zu verkraften haben, ohne dass dieses den Zahlen auch nur annähernd gewachsen wäre. Särge werden in Massengräbern beigesetzt, im Fly-Over-Land gibt es kaum Bettenkapazitäten etc. pp. Gleichzeitig meint der oberste …Mensch schon, Meinungen positiv weitergeben zu müssen, die die Stellung von einem der wenigen in der Entourage geduldeten Pandemieexperten Fauci untergraben. Kann dieser Knallcharge nicht mal jemand eine Ohrpfeife verpassen? Ich würde diese außergewöhnliche Maßnahme durch die minimale Aussicht, dass er auch nur ein wenig zur Besinnung kommen könnte, gerechtfertigt sehen.

Wir werden stattdessen schon bald sehen, dass Trump die Maßnahmen zur sozialen Distanzierung wieder einschränken, wenn nicht sogar aufheben wird. Die Wiederwahl muss ja her, Einbrüche in der Ökonomie vertragen diese nicht. Dann wirst du, USA, dich noch ganz anders als home of the brave erweisen müssen. Ein Vorschlag für die Patriotismus-Kommission: Sterne im Star Spangled Banner konsequenterweise pro 10.000 Gestorbenen durch Kreuze ersetzen. In einem von Foxnews sedierten Amerika scheint kein energischer Widerspruch zu erwarten zu sein.

USA – doppelt gestraft

Manchmal weiß man nicht, womit US-Amerika mehr gestraft ist: Ist es Covid-19 oder ist es Trump? Die Unfähigkeit dieses Präsidenten angesichts der medizinischen Katastrophe schlägt sich jedenfalls doppelt negativ nieder. Hier einige Kabinettstücke aus den letzten Wochen:

Ignoranz 
Trump empfiehlt ein ungeeignetes Heilmittel gegen Covid-19, Mann stirbt in Arizona, auch Nigeria betroffen. & Völlige Fehleinschätzung der Lage (“we have it totally under control.”) 

https://edition.cnn.com/2020/03/23/africa/chloroquine-trump-nigeria-intl/index.html
https://theintercept.com/2020/03/24/trump-hyped-chloroquine-cure-covid-19-man-arizona-took-died/
https://www.theatlantic.com/ideas/archive/2020/03/trump-genius/609142/
Prahlen & Narzissmus 
Trump behauptet, es existierten genug Beatmungsgeräte und diese würden sinnvoll verteilt. 

https://theintercept.com/2020/03/24/donald-trump-says-americas-ventilator-shortage-was-unforeseen-nothing-could-be-further-from-the-truth/
https://nypost.com/2020/03/30/trump-says-hes-sending-ventilators-directly-to-hospitals-battling-coronavirus/
https://www.thedailybeast.com/trump-im-doing-a-great-job-fighting-the-coronavirus-and-100000-of-you-will-die
Andere beschuldigen 

https://www.washingtonpost.com/politics/2020/03/26/trumps-coronavirus-self-congratulation-tour-illustrated/
https://www.politico.com/news/2020/03/13/trump-coronavirus-testing-128971
https://nymag.com/intelligencer/2020/03/trump-blames-hospitals-for-coronavirus-mask-shortages.html


Hier noch eine große Anzahl weiterer Aussprüche, die die FAZ gesammelt hat: Man glaubt anschließend nicht, dass Trumps Zustimmungswerte steigen! Es fällt schwer, darüber nicht zum Zyniker zu werden.

Gebet um Gelassenheit – der Schlüsseleigenschaft in einer Krise

Zum ersten Mal stieß ich auf dieses Gebet an ungewöhnlicher Stelle: Sinéad O’Connor trägt es zu Beginn des Stücks feel so different vor. Es lautet in Englisch:

God, grant me the serenity to accept the things I cannot change,
courage to change the things I can,
and wisdom to know the difference.

und Deutsch:

Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Mit dem Stichwort Gelassenheit lässt sich auch leicht ein Bogen zur augenblicklichen Situation schlagen. Wenn wir in diesen Covid19-Zeiten etwas brauchen, ist es Gelassenheit. Diese Eigenschaft – religiös ausgerichtete Menschen haben den Vorteil, sie mit ihrer persönlichen Vorstellung von Gott zu verknüpfen – bewahrt vor Panik, Setzen auf Latrinenparolen und Kurzschlussreaktionen. Menschen, die quasi immer Krise haben wie die Anonymen Alkoholiker, wissen, warum sie dieses Gebet zum Teil ihrer Arbeit machen.

Das Gebet wird dem amerikanischen Pastor und Theologen Karl Paul Reinhold Niebuhr zugeschrieben. Ähnliche Gebete gibt es auch in anderer Formulierung und von anderen religiösen Bekenntnissen.

Vielleicht verdient die zweite Zeile eine Hervorhebung: Es geht nicht darum, die Hände nur in den Schoß zu legen und abzuwarten, sondern auch zu handeln. Im Moment sieht das Handeln merkwürdig aus: Das vielleicht wichtigste Handeln ist bis auf weiteres, auf die Teilnahme am öffentlichen Leben so umfassend wie möglich zu verzichten. Hoffen wir, dass diese aktiv-passive Haltung bald dazu führt, dass sich die Ansteckungszahlen in Deutschland noch deutlicher verlangsamen als dies gegenwärtig der Fall ist.