Der beste Wanderhund ist tot

Noah, nicht nur mit biblischem Namen, sondern mit einem ebensolch biblischen Lebensalter versehen, hat uns vorletzten Sonntag verlassen. Wir trauern um einen Hund, der uns 15 1/2 Jahre begleitet und unser Leben bereichert hat. Es tröstet minimal, dass er nicht lange leiden musste.

„They [die Kurden] didn’t help us with Normandy” – ARGG!!!

„Mir fällt zu Hitler nichts ein” schrieb Karl Kraus in seinem Aufsatz Die Dritte Walpurgisnacht von 1933. (Das stimmte nicht ganz, da er sich doch zu ihm analysierend geäußert hat.) Trotzdem kann ich das Gefühl, dass man schreibend einem irrlichternden Phänomen wie Hitler nicht beikommt und sich deswegen ohnmächtig fühlt, gut nachvollziehen, wenn ich an Trump denke.

Nun täte man Trump zu viel Ehre an, ihn in dieser Kategorie von Bösewichtern anzusiedeln. Dennoch bleibt bei der Vielzahl von Skandalen, offenkundigen Fehleinschätzungen, Bürgerkriegsrhetorik, dem feindseligen Ton gegen viele Minderheiten im eigenen Land etc. pp. der Eindruck, dass man schreibend dem Phänomen Trump nicht beikommt. Viele seiner Wähler teilen offenbar dieselbe geringe Bildung wie dieser Präsident. Anders kann man nicht erklären, dass – der aktuelle Fall – eine Äußerung wie „they [die Kurden] didn’t help us in the Second World War. They didn’t help us with Normandy, as an example.” nicht einen kollektiven Aufschrei der Entrüstung ausgelöst hat.

Wieso in aller Welt hätten Kurden in diesen für sie eher an der Peripherie angesiedelten 2. Weltkrieg eingreifen sollen? Sie hatten genug damit zu tun, sich in einem auf die Länder Iran, Irak, Türkei und Syrien aufgeteilten Siedlungsgebiet zu behaupten. Den eingeforderten Beistand („they didn’t help us”) hat Trump jedenfalls den Kurden, die die militärisch verlustreichen Bodenoperationen z.B. in Mossul durchgeführt haben, nachhaltig entzogen. Jeder, der in Zukunft eine militärische Kooperation mit US-Amerika eingeht, kann sicher sein, dass er sich auf nichts und niemanden verlassen kann. Nicht mal im ureigensten amerikanischen Interesse handelt der Cretin mit Inselbegabungen. Den IS oder vergleichbare Gruppen für besiegt und ungefährlich zu halten, ist bodenlos dumm. Womit sich der Kreis schließt.

Kann nicht mal einer von den (vielleicht) verbliebenen Grown-Ups im Weißen Haus diesem Trump auf die Finger hauen? Kurden haben übrigens, wie die New York Times berichtet, durchaus am Kampf gegen Hitler teilgenommen.

Boris Johnson – der Windbeutel ist geplatzt

Eigentlich hätte der gesunde Menschenverstand BoJo sagen können, dass das Außerkraftsetzen des Parlaments in einer Phase, die nun wirklich über die Geschicke des Landes entscheidet, mit Demokratie wenig zu tun hat. Er hat es jetzt schriftlich von mutigen Richterinnen und Richtern mit nicht zu überbietender Deutlichkeit gesagt bekommen: Deine Beurlaubung des Parlaments über 5 Wochen war von allem Anfang an unrechtmäßig und nichtig.

Die Schreier der Pro-Brexit-Fraktion werden jetzt wieder den Volkswillen auf quasi übernatürliche Weise für sich beanspruchen. Wahrscheinlich wird es BoJo aber kein 2. Mal riskieren, wieder per Gericht über seine Pflichten belehrt zu werden. Seinen Plan, den Parlamentsbeschluss gegen einen ungeregelten Brexit zu ignorieren, wird er vermutlich begraben.

Bleibt dem UK zu wünschen, dass bald jemand – nach dem 31.10. – als PM gewählt wird, die oder der das zerrissene Land wieder zusammenführt und den Pragmatismus wieder zur Leitlinie macht, der mal ein Markenzeichen des UK war. Die Äußerungen von BoJo aus New York lassen aber ahnen, dass er zumindest nichts kapiert hat.

Surfin’ the Oberallgäu #5 — Hochgrat – Scheidwang-Alm – Girenkopf/Heidenkopf – Balderschwang

Von der Bergstation der Hochgratbahn aus dem gut ausgeschilderten Weg zur Scheidwang-Alm folgen. Hinter der Scheidwang-Alm, in die man auch einkehren kann, den Hang über eine Weide in südlicher Richtung besteigen. Der Weg führt im Talkessel auf der linken Seite bergan, bis man den Kammweg erreicht (in der Karte als Oberallgäuer Rundwanderweg bezeichnet). Ich habe Heidenkopf und Girenkopf ausgelassen und bin über eine Weide (der Weg war nach Regenfällen zum Teil lehmig und glitschig) auf der gegenüberliegenden Seite Richtung Balderschwang abgestiegen. Eine kleine Gruppe von Pferden auf dem Weg habe ich möglichst großräumig umgangen. (Was weiß man schon über Pferde?). In Balderschwang im Tal angekommen, kann man den Bus Richtung Deutschland nehmen (nur einen oder zwei pro Tag) oder macht es wie ich per Anhalter. Nach kurzer Zeit war ich zurück in Weissach.

Wanderdauer: ca. 6 Stunden

DISCLAIMER: Beim Anstieg zwischen Girenkopf und Heidenkopf unbedingt dem ausgetrampelten Pfad auf der linken Seite des Talkessels folgen. Die Via Recta, die ich gewählt habe, hat mich ganz schön in Gefahr gebracht.

Surfin’ the Oberallgäu #4 — Weissach-Tal / Gündleskopf / Hochgrat

Mit dem Bus bis zur Talstation Hochgratbahn fahren, von dort aus ins Weißach-Tal flussauf gehen. An einer Hängebrücke – in meiner Karte als Hohe Brücke verzeichnet – die Weissach queren. Der Weg führt an einer Wanderhütte vorbei und steigt in süd-östlicher Richtung allmählich an, verbleibt dann aber für einige Zeit auf annähernd gleicher Höhe. Am Rindalper Tobel nimmt der Weg eine südliche Richtung und verläuft für eine Weile auf einem Wirtschaftsweg und passiert zwei Almen (Rind-Alm und Obere Rind-Alm). Bei der ersten gibt es die Möglichkeit einzukehren. Der Weg steigt nun steiler an, passiert eine aufgegebene Alm, von der nur die Grundmauern zu sehen sind und erreicht zwischen Gündleskopf und Rindalphorn den Kammweg. (Im Vergleich zur Brunnenauscharte empfand ich den Aufstieg als weniger anstrengend.)

Über diesen Kammweg kann man über den Gleichenwanger Kopf und den Hochgrat leicht die Bergstation der Hochgratbahn erreichen. An einem heißen Tag entschied ich mich für den um den Hochgrat herumführenden Panoramaweg, was ich sehr bereute: Der Weg bedeutete, nicht weniger Höhenmeter zu bewältigen und dauert mindestens ebenso lange. Schon beim Aufstieg über den Rindalper Tobel hat man gute Aussicht auf die gegenüberliegende Bergkette mit Vorderer Prodel und Denneberg. Erst recht auf dem Kammweg weite Sichten in die vorarlberger und schweizer Alpen sowie zum Schluss auf den Bodensee.

Wanderdauer: 6,5 Stunden

Dancer – Dokufiction über Rudolf Nurejew

Wer den Film Billy Elliot gesehen hat, erinnert vielleicht die Schlussszene, die mich auch heute noch rührt: Billys Vater und Bruder Tony sitzen im Opernhaus, Billy hat noch vor seinem Auftritt die Nachricht erhalten, dass Vater und Bruder zuschauen. Und dann setzt Billy, seinen eigenen Auftritt beginnend, zum Sprung an. Dank Slow Motion dauert dieser eine ganze Weile, bevor er zum Schlussbild einfriert. Das ist nicht nur großes Kino, sondern machte mir zumindest deutlich, weshalb Balett auch heute noch große Begeisterung auslöst. Für mich war es die Kombination aus athletischer Kraft, großer Form, die nur mit fast endlosem Üben zu Stande kommt, und begeisternder Musik.

Zwei Generationen vor dem Film-Billy hat Rudolf Nurejew die Balletwelt betört. Diese Leitfigur des neuzeitlichen Baletts war tatarisch-russischer Herkunft und ist der Mittelpunkt des Romans Dancer von Collum McCann. Der irisch-amerikanische Schriftsteller hat sich mit diesem 2003 veröffentlichten Roman in die erste Reihe englisch-sprachiger Romanautoren der letzten Jahrzehnte geschrieben. Faszinierend ist die Vermischung von biographischem Material von und über Nurejew, das McCann mit eigenen Figuren und Begebenheiten um diesen Ausnahmetänzer herum anreichert. Gerade durch die Vielstimmigkeit des Romans, immer wieder andere Ich-Erzähler bringen ihre subjektive Perspektive ein, entsteht ein faszinierendes Portrait. In wieweit damit die reale Figur Nurejew abgebildet wurde, steht dahin, ist aber nur von minderer Bedeutung.

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Tag des offenen Denkmals: Jüdischer Friedhof in Deutz

Nach und trotz der Shoah zeigen jüdische Friedhöfe, wie lange schon Juden in Deutschland lebten und leben. Köln besitzt auf seinem heutigen Stadtgebiet sieben jüdische Friedhöfe. Gestern war es im Rahmen des Tags des offenen Denkmals möglich, den großen Deutzer Friedhof besuchen zu können. Davon habe ich gerne Gebrauch gemacht. Esther Bugaeva von der Synagogengemeinde Köln gab eine kundige und charmante Führung über diesen Friedhof, der normaler Weise nicht zugänglich ist. Seinen Ursprung hatte der Friedhof im ausgehenden 17. Jahrhundert, als der erste Kölner Judenfriedhof in Raderthal („Zum toten Jüt”) geschlossen wurde und jüdische Bürger sich außerhalb von Köln (Deutz war noch eigenständig!) eine neue Begräbnisstätte suchen mussten. Die ältesten der mehr als 5.000 Gräber fallen daher in die Zeit von 1695. Trotz des beachtlichen Alters lassen sich auch heute noch manche Familiensymbole entziffern: Grabstätten von Angehörigen der Priester-Familie Cohen sind an den gespreizten segnenden Hände, die der Famlie Levi an einem Krug-Symbol zu erkennen.

Im übrigen spiegelt dieser Friedhof die wechselvolle Geschichte der jüdischen Gemeinden im Rheinland: Für die erste Zeit überwiegen jüdische Grabinschriften. Da anfangs Handwerke den Juden verboten waren, haben die nicht-jüdischen Steinmetze manches hebräische Schriftzeichen verhunzt. Nach Napoleon beginnt die Zeit der Emanzipation der Juden im Rheinland: Grabmäler zeigen jüdische und deutsche Inschriften – besonders prachtvoll als Beispiel dieser Zeit ist das Grabmal der Theresa Oppenheim. Bis zur Shoah nimmt der Anteil der deutschen Inschriften im Vergleich zu den jüdischen Schriftzeichen weiter zu.

Kulturgeschichtlich besonders interessant sind – ebenfalls in Deutz zu finden – die Grabmäler von Moses Hess, einflussreich für Karl Marx, aber auch den späteren Zionismus, Isaak Offenbach (Vater von Jacques Offenbach) und ein besonderer Bereich für Angehörige der Familie Oppenheim, die Köln besonders zugetan war.

Ein Besuch des Friedhofs lohnt in jedem Fall (bin eigentlich eher kein Friedhofsgänger). Besuchstermine außerhalb spezieller Anlässe finden sich auf der Seite der Synagogengemeinde Köln. Männer sollten an eine Kopfbedeckung denken.

Jüdische Friedhöfe auf Kölner Stadtgebiet

JF Raderthal – „Zum toten Jüt” – in der Nazi-Zeit aufgehoben

JF Deutz – Judenkirchhofsweg / Köln-Deutz // zwischen 1698 und 1941 genutzt

JF Köln-Mülheim – am Springborn – Nähe Neurather Ring // zwischen 1774 und 1942 genutzt

JF Köln-Ehrenfeld / Teil des Melatenfriedhofs // zwischen 1899 und 1918 genutzt

JF Köln-Deckstein / Adass Jeschurun // zwischen 1910 und 1945 (?) genutzt

JF Köln-Böcklemünd / Venloer Straße // ab 1918, noch heute genutzt

JF Köln-Zündorf // zwischen 1923 und 1942 genutzt

Designfehler wie für ein Lehrbuch: Boeing 737 MAX

Flugreisen sind in den letzten Jahren so günstig geworden, dass daraus ein weiteres ernsthaftes ökologisches Problem entstanden ist. Dass dies passieren konnte, hat auch mit deutlich sparsameren Triebwerken zu tun. Diese erzielen einen stark höheren Wirkungsgrad, indem der Schub im immer kleineren Anteil vom verbrannten Kerosin erzeugt wird, sondern dieser durch das Aufheizen der Luft in einem zweiten System erzeugt wird (siehe unten – hell gefärbt). Dieser durch den sogenannten Nebenstrom erzeugte Schub übertrifft bis zum 10fachen den primären. Eine geniale Idee – der konstruktive Nachteil dieser modernen Triebwerke: Sie fallen – was Größe und Gewicht angeht – deutlich massiver aus.

 

 

 

 

 

Bild 1

Wettbewerbsdruck und falsche Entscheidungen

Das ist der Ausgangspunkt zum Verständnis der gravierenden Designfehler, die bei der Konstruktion der Boeing 737 MAX gemacht wurden: Der Platzhirsch Boeing versuchte, als Airbus im Mittelstreckenbereich mit seinem Flugzeug A320 Neo einen Trumpf gelandet hatte, schnell mit einem konkurrenzfähigen Produkt nachzuziehen. Die Boeing 737, über 10.000 Mal bereits gebaut, sollte ein zweites Mal modernisiert werden und zwar mit Hilfe des neuen sparsameren Triebwerks LEAP-1B eines amerikanisch-französischen Gemeinschaftsunternehmens. Zwei Pferdefüsse waren mit dieser Wahl verbunden.

Konstruktive Kompromisse mit angeflanschter Fehlerkorrektur

Die Boeing 737 als Urmutter des neuen Flugzeuges besaß im Vergleich zum Airbus 320 Neo ein niedrigeres Fahrwerk. Deswegen konnte auch nur die kleinere Variante des LEAP-Triebwerkes mit einem geringeren Durchmesser verbaut werden. Zudem sollten die Änderungen des neuen Flugzeugtyps so moderat ausfallen, dass das Genehmigungsverfahren viel vom Vorgängertyp übernehmen konnte. Das neue LEAP-1B-Triebwerk war aber in jedem Fall so wuchtig und groß (ø 3,15 m), dass es nicht unter dem Flügel wie die alten Triebswerke angebracht werden konnte. (Die Gegenüberstellung unten zeigt deutlich die ansteigende Größe und die veränderte Aufhängung des Triebwerks am Flügel: ein folgenreicher Eingriff in die gesamte Statik des Flugzeugs.)

Drei Triebwerke verschiedener 737 Ausführungen im Vergleich

Bild 2

 

 

 

 

Damit war ein schwerwiegender Nachteil in Kauf genommen worden, der nachträglich nur unzureichend durch ein eher angeflanschtes Hilfesystem ausgeglichen werden sollte: Ein gravierendes Problem in der Luftfahrt ist es, einen Strömungsabriss in allen Flugsituationen zu verhindern. Ein solcher tritt ein, wenn ein Flugzeug zu rasch seinen Anstiegswinkel verändert: Die Auftriebskräfte am Flügel fallen dann weg und ein Flugzeug wird nur noch schwer steuerbar und kann leicht abstürzen. Dies ist bei zwei Abstürzen der Boeing 737 MAX vermutlich mit genau dieser Fehlerursache in den letzten 12 Monaten passiert.

Um die durch die veränderte Statik konstruktionsbedingte vermehrte Neigung der Boeing 737 MAX zu einem solchen Strömungsabriss zu vermindern, wurde ein eigenes automatisches Verfahren implementiert, das MCAS (Maneuvering Characteristics Augmentation System). Dieses System ist dazu gedacht, zu steile Anstellwinkel des Flugzeugs dadurch zu unterbinden, dass diese potentiell gefährlichen Flugbewegungen durch entsprechende automatisch eingeleitete – ohne Zutun des Piloten – Steuerbewegungen der Schwanzflügel verhindert werden. Das Flugzeug senkt daraufhin die Nase ab. Dabei gab es jedoch verschiedene Probleme:

  • Diese automatisch eingeleitete Steuerung griff nur auf die Werte eines einzigen Sensors zurück. Der Rückgriff auf die Werte eines zweiten redundanten Sensors – der Sensorfehler hätte ausschließen können – war nur gegen einen kostenpflichtigen Aufpreis erhältlich.
  • Das Ausmaß des Gegensteuerns wurde um das Vierfache gesteigert im Vergleich zu dem, was ursprüngliche Sicherheitsdokumente bei Boeing aussagten (2,5° zu 0,6°). Damit erklären sich auch die einer Jojo-Bewegung gleichenden Flugbewegungen des Flugs der Lion Air vom 29.10.2018, der mit dem Absturz und dem Tod aller 189 Menschen an Bord endete. Die Piloten hatten den Kampf gegen das automatische Absenken der Nase des Flugzeugs nach 26 Eingriffen der Automatik verloren.
  • Überdies wurden die möglichen Eingriffe des MCAS-Systems auf Veranlassung der FAA erst nach dem 1. Absturz den Piloten gegenüber deutlicher kommuniziert.

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Mehr Gälisches aus Irland & Schottland

Viel Spaß mit meinen neuen Funden.