Kategorie: Politik
Ramadan 2018 beendet
Zuckerfest 2018 heißt erst einmal: Herzlichen Glückwunsch an die muslimische Community – Ramadan bei warmen bis heißen Temperaturen überstanden und Festtagsfreude an zwei oder drei Tagen.
Auch für Nicht-Muslime wie mich gibt es ein gewisses Aufatmen: keine grün-gesichtigen Schüler mehr, die sich gegenseitig zum Einhalten des Ramadans anhalten, die körperlichen Folgen aber nicht oder nur schwer verkraften und manchmal mit einer Riesenaggressivität bei Kleinigkeiten auffallen. Besonders das Trinkverbot über Tag erscheint mir angesichts der Temperaturen, die wir zwischenzeitlich hier in Köln hatten, als sehr unbarmherzig – dabei wird Gott / Allah doch als Allerbarmer angerufen.
Zwei Berichte aus dem Bekanntenkreis: zwei 14- bis 15jährige Jungen wollen zum ersten Mal mitfasten und die Mutter macht mit, um ihren Sohn zu unterstützen: Nach wenigen Tagen Zusammenbruch und Einlieferung ins Krankenhaus, wo Mutter und Sohn erst mal infundiert werden und von den Ärzten ausdrücklich verboten bekommen, am Fasten weiter teilzunehmen. Auch an der Schule meiner Tochter bricht nach einem Sportfest ein muslimischer Schüler mit Krämpfen zusammen und muss ins Krankenhaus eingeliefert werden. Trotz allem reagiert er sehr aggressiv. Vielleicht macht er andere dafür verantwortlich, dass er körperlich das Fasten nicht durchhalten konnte.
Beruhigend für mich, wenn im Christentum religiöse Gebote nicht in jedem Fall absolut gesetzt werden, wenn es am Beispiel des Sabbat-Gebotes heißt »Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat.« (Mk 2,27) Vielleicht gibt es auch im Islam in Zukunft eine religiöse Auslegung mit theologischer Autorität, eine Fatwa (?), die angesichts veränderter klimatischer Bedingungen verhindert, dass sich Menschen mit religiös begründeten Lebensregeln gesundheitlich schaden.
reih dich ein in die Bananen-Einheitsfront, weil du auch Banane bist
Von facebook zu fratzebook
Mein ehemaliger Kollege Jörg sprach scherzhaft von fatzebook, wenn es um den amerikanischen Social Media-Koloss ging. Inzwischen liegt es nahe, von fratzebook zu sprechen angesichts der vermittels dieses Portals vorgenommenen Manipulationen. Diese betreffen zwei Vorgänge, die sich überwiegend im Jahr 2016 ereignet haben: die Brexit-Entscheidung im Juni und die US-Präsidentenwahl im November, beides Mal begleitet von Kampagnen, denen man kaum das Attribut Informations-Kampagne geben kann. facebook hat auf beide Vorgänge in doppelter Weise eingegriffen: Einmal, indem es überhaupt den Rahmen schuf, indem die abgestimmte Werbung für Nutzer der Social Media-Plattform plaziert werden konnte. Zum anderen, indem es Analysefirmen gestattete, mit in facebook gewonnenen Daten solche Profildaten von Nutzern zu gewinnen, ohne die die zielgenaue Werbung nicht hätte erzeugt werden können. (Im Englischen wird für diese Art von Werbung der Begriff targeting verwendet.*)
• Die Zahlenlüge
Zuckerberg machte es, als die Vorwürfe gegen seine Firma immer gravierender wurden und er persönlich vor den amerikanischen Kongress und das englische Parlament zitiert wurde, auch nur so, wie Politiker abwiegeln und bagatellisieren würden: Nur das zugeben, was sich gar nicht mehr bestreiten lässt. Eine Unwahrheit musste trotzdem ziemlich schnell bei dieser publizistischen Auseinandersetzung korrigiert werden: Der Firma Camebridge Analytica wurde gestattet, nicht nur auf die bei Facebook hinterlegten Daten einer als Quiz getarnten Umfrage unter 53 Millionen Nutzern zuzugreifen – hier hätte man noch eine gewisse Freiwilligkeit und Einwilligung der Betroffenen unterstellen können – sondern es waren auf einmal 87 Millionen. Wie das? Facebook hatte gestattet, dass über den Kreis der Befragten hinaus auch die Adressbücher der ?Quiz?-Teilnehmer ausgelesen und ausgewertet werden konnten. Keiner von diesen zusätzlichen 34 Millionen facebook-Nutzern konnte in irgendeiner Weise damit rechnen, in dieser Form benutzt zu werden.
• Beeinflussung des Referendums um einen möglichen Brexit im Juni 2016
Gerade bei Entscheidungen, deren Ausgang als schwer vorhersehbar bewertet wird und in denen sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen abzeichnet, kann – wie hinterher stolz verkündet wurde – eine mittels targeting unterstützte Kampagne den entscheidenden Vorteil bringen: Cummings, Leiter von Vote Leave sagte rückblickend auf den für ihn erfolgreichen Brexit-Ausgang zu der Rolle von AIQ (AggregateIQ): ?We couldn’t have done it without them.? Als entscheidend erwies sich nach Ansicht des Guardian , dass Cummings fast sein gesamtes Werbe-Budget von Vote Leave darauf verwendete, genau die 600.000 Wähler mit auf sie zugeschnittenen Werbe-Häppchen zu füttern, die in der Abstimmung den entscheidenden Unterschied ausmachten. (Dass durch kreative Buchführung die festgelegten Höchstbeträge, die politischen Organisationen während der Brexit-Kampagne eigentlich nur hätten zugewendet werden dürfen, umgangen wurden, ist eine zweite Information dieses Artikels. Cambridge Analytica und AIQ sind übrigens dadurch miteinander verbandelt, dass die Mutterfirma SCL Elections ein Austauschabkommen mit AIQ abschloss, indem Rechte an geistigem Eigentum weitergegeben wurde.)
Ob nun Auswertungsverfahren und / oder auch die von Data Analytica gewonnenen Nutzerprofile den Weg zu AIQ fanden, ist – soweit ich sehe – noch nicht beantwortet.
• Beeinflussung der US-Präsidentenwahl im November 2016
Dass die Wählerschaft der USA nicht zuletzt durch russische Trollfirmen beeinflusst wurde, kann man wohl inzwischen als erwiesen ansehen. Hier ist vor allem der Namen der Petersburger Firma Internet Research Agency zu nennen. Selbst Zuckerberg, der lange irgendwelchen Einfluss von facebook auf die Präsidentenwahl weit von sich wies, muss jetzt einräumen, dass da wohl doch ein schwer quantifizierbarer Einfluss festgestellt werden muss. Und dass facebook den institutionellen Rahmen für sehr subtile und wirksame Beeinflussung von immerhin 137 Millionen Wählern der USA geliefert hat, ist eine Hausnummer, die noch sehr genau bewertet werden muss.
• …und die Konsequenzen?
Wahrscheinlich ist es nur schwer möglich, facebook und damit Zuckerberg strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Für die Zukunft wäre es jedoch unabdingbar, dass Kontrollmechanismen verhindern, dass Wahlen von denjenigen gewonnen werden, die mit den höchsten Werbebudgets und den raffiniertesten targeting-Strategien arbeiten können. Die unlängst ergänzte EU-Datenschutzverordnung kann in diesem Sinne nur ein erster Anfang sein. Angesichts der Reichweite und Bedeutung von facebook & Co muss man aber vermutlich deutlich weiter ausholen. Inzwischen sollte jede/r überlegen, was er facebook anvertrauen möchte oder ob man diesem Netzwerk nicht zumindest privat den Stecker zieht.
[Postscriptum]
Inzwischen melden verschiedene Medien, dass Camebridge Analytica Insolvenz anmelden musste. Mit viel Optimismus kann man das als demokratie-freundlichen Prozess der Selbstregulierung betrachten. Die Werbe-Kunden mochten die Firma jedenfalls nicht mehr beauftragen…
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* Für nicht mit IT-Fragen betraute Menschen ist es schwer nachzuvollziehen, wie die schiere Kombination von großen Gruppen von Einzelmerkmalen dazu geeignet ist, sehr weitreichende Aussagen über Personen zu machen. Eine Untersuchung hat gezeigt, dass es reicht, die likes einer Person, ihr Kaufverhalten, ihre Kommentare und ihr Geschlecht zu kennen, um mit großer Wahrscheinlichkeit die sexuelle, politische und religiöse Orientierung des Betreffenden vorauszusagen.
Wie ich dann doch kein zweiter Michael Jackson wurde
Nein, keine besonderen Tanzschritte oder ein herausragendes musikalisches Talent bringen mich in die Nähe von Michael Jackson, sondern eine Vielzahl von – nennen wir es mal so – körperlichen Umbauten: mit 12 die Mandeln entfernt zu bekommen, war ja noch Routine, ebenso wie die Kronen auf Backenzähnen. Aber wer trägt schon ein Gazenetz unter der Bauchdecke, hat keine Gallenblase mehr oder hat sich die Kurzsichtigkeit durch einen Laserhobel entfernen oder die Krampfadern ebenfalls per Laser veröden lassen? Dazu kommen noch ein ein halbes Dutzend weiterer OPs, mit denen ich hier nicht langweilen möchte.
Gestern fiel dann aber die Entscheidung, auf elektronische Öhrchen alias AudeoB90-10-Grundgeräte im Wert von immerhin 5.767 € zu verzichten – jetzt war Schluss mit den körperlichen Selbstoptimierung à la Michael Jackson. Es gibt dazu einen gesundheitliches und dazu ein grundsätzlichen Argument: In der Familie gab es den running gag, mir meine tatsächliche oder nur so empfundene Schwerhörigkeit immer mal wieder unter die Nase zu reiben. Auch in der Schule stehe ich schon mal auf dem Schlauch, wenn zwei Schüler mit mir gleichzeitig reden wollen und ich – dann wirklich – nur Bahnhof verstehe. In beiden Fällen hat aber das teure Gerät keinerlei Fortschritt gebracht: Weder in der Tischrunde noch in der Klasse gab es nennenswerte Vorteile mit den Öhrchen. Schön war es allerdings, im Sauerland die Vögel noch vielfältiger zwitschern zu hören oder klassische Musik differenzierter wahrzunehmen.
Meine Frage an den Akustiker, ob es denn keine Refurbished-Öhrchen zu einem günstigeren Preis gäbe, wurde so beantwortet. Die Heilmittelverordnung sehe leider nicht vor, dass diese durch Seriennummern identifizierbaren Geräte jemals wem anders verkauft werden dürften als dem ursprünglichen Käufer. (Werden jetzt die teuren Öhrchen die Halde des Elektronikschrotts vergrößern, wäre zu fragen?) Es verhält sich dabei wie mit der Pillenpackung, die beim Apotheker über die Theke wandert: Sobald sie eingesteckt wird, ist kein Umtausch oder eine Rückgabe mehr möglich, auch wenn nichts geöffnet wurde.
Deutschland erlaubt sich hier einen unbegreiflichen Luxus: Statt Marktmechanismen für einen Kostendruck auf der Angebotsseite sorgen zu lassen und Leute mit niedrigeren Gesundheitskosten zu beglücken, schottet man Märkte mit sachfremden Gründen ab und pflegt Pillendreher und Gesundheitsdienstleister. Wäre an der Zeit, hier gesetzliche Altertümer abzuschaffen!
Ikarien – „Wie eine Träne im Ozean” 2.0
Uwe Timm hat viel Zeit benötigt, um einen Stoff zu bändigen, zu dem es für ihn eine direkte familiäre Verbindung gibt – seine Frau Dagmar Ploetz ist Enkelin der Roman- und historischen Figur Alfred Ploetz. Diese Zeit hat aber dem 500-Seiten-Werk gut getan, entstanden ist nämlich ein vielschichtiges, literarisch verfremdendes Zeitzeugnis der Jahre von 1890 bis zu den ersten Nachkriegswochen 1945. Im Mittelpunkt steht dabei Ploetz als führender europäischer Eugeniker der 20er und 30er Jahre.
Ausgangspunkt ist der Auftrag an den deutsch-amerikanischen Soldaten Michael Hansen – zweite wichtige Figur im Roman – zu erkunden, ob von den Mitgliedern des ehemaligen Ikarien-Bundes noch Gefahr für die amerikanische Militäradministration ausgehe. Ein solcher hat Bund tatsächlich existiert und umfasste im Breslau vor der Jahrhundertwende neben Ploetz, die Brüder Gerhart und Carl Hauptmann, Carl Steinmetz und einige andere. (Gruppen, die sich auf den Roman Étienne Cabets Die Reise nach Ikarien von 1840 bezogen und der in diesem formulierten Sozialutopie verpflichtet fühlten, hatten sich auch in verschiedenen europäischen Ländern gebildet.) Dieser Michael Hansen ist als Junge – so der Roman – noch in Hamburg aufgewachsen und stammt – wie Timm selbst – aus dem Stadtteil Eppendorf. Hansen besucht im Roman noch einmal diesen Ort, um sich seiner Kindheitseindrücke zu vergewissern. Timm hat mit dieser fiktiven Person dem verstorbenen Bruder, der 1943 als SS-Soldat starb, ein Bild entgegengestellt: Hätte der Bruder noch rechtzeitig Deutschland wie Hansen in Richtung USA verlassen, wäre ihm sein trauriges Schicksal vermutlich erspart geblieben.
Hansen spürt auf seinem Erkundungsauftrag bald mit Wagner – dritte tragende Figur im Roman – einen ehemaligen Bündnisgenossen von Ploetz auf. In sich über ein Vierteljahr hinziehenden Befragungen von Wagner durch Hansen wird eine quasi-dokumentarische Sicht auf Ploetz in den Roman eingeführt. Wagner und Ploetz teilen laut dieser Berichte zu Beginn eine Menge: Beide flüchten nach Zürich, um sich der Festsetzung durch die Polizei im Zuge der Sozialistengesetze der 90er Jahre zu entziehen. Sie besichtigen nicht nur eine Ikarier-Kolonie in den USA gemeinsam (und verzweifeln am dann doch eigensüchtigen Agieren vieler von deren Bewohnern), sondern sie verehren auch die gleiche Frau. Schrittweise aber entfernen sich beide in weltanschaulichen Dingen von einander: Während Wagner den sozialistischen Ideen treu bleibt und mit Vorträgen vor linken Zirkeln eine prekäre Existenz sichert, setzt Ploetz auf die biologische Verbesserung der Gesellschaft. Er formuliert Ideen der Eugenik unter dem Stichwort Rassenhygiene und will die Leistungsfähigen fördern und weniger kompensatorisch die Schwächen der Benachteiligten ausgleichen – Ideen, die durchaus auch bei Sozialdemokraten z.B. in Schweden Anklang fanden.
An dem Wissenschaftler Ploetz kann Timm exemplarisch nachzeichnen, wie ein zunächst ehrenhaft gestarteter Wissenschaftler – Ploetz macht sich immer wieder für die Rechte von Frauen stark – sich später zum geistigen Steigbügelhalter der Nazis macht, der Hitler eine persönlich Ergebenheitsadresse schickt. Ploetz ist aber auch derjenige, der dafür sorgt, dass Wagner aus einem KZ entlassen wird und in einem Antiquariat die Nazi-Zeit überdauern kann. Was hiervon geschichtlich verbürgt oder Zutat von Timm ist, ist vielleicht nicht so entscheidend. Timm fügt seinem Roman einige Literaturangaben an, mit deren Hilfe sich diese Frage sicher beantworten ließe. Die Lehre, die der Roman geben könnte, ist eher, wie sehr um eines vielleicht in manchen Dingen nachvollziehbaren Konzeptes willen Prinzipien wie Unantastbarkeit des Lebens und freie Entfaltung auch von weniger starken Menschen über Bord geworfen werden dürfen.
Gerade im Nachzeichnen der vielfältigen Verästelungen einer ideologischen Debatte in einer Gruppe hat mich der Roman stark an Manès Sperbers Wie eine Träne im Ozean erinnert. Beide Romane behandeln nicht nur in etwa die gleiche Zeit, sondern geben auch Zeugnis davon ab, wie Menschen, die ihren Überzeugungen gegen die vorherrschende Meinung innerhalb oder außerhalb ihrer Bezugsgruppen treu bleiben, in der Dissidenz notgedrungen überleben müssen. Sie zeugen von einer Debatten- und Streitkultur, von der ich mir für heute gerne etwas zurück wünschen würde.
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Biographischer Nachsatz: Wie sehr die Nachkriegsmonate und -jahre die Menschen, die sich jahrelang hüten mussten, ihre wahre Gesinnung zu äußern, unbotmäßige Musik zu hören oder die damit beschäftigt waren, ihr nacktes Leben zu erhalten, revitalisierte, erinnere ich aus einer Erzählung meines Vaters: Er berichtete mit glänzenden Augen von den Nächten, in denen ein westerwälder Vetter am Klavier in großer Runde in die Tasten haute. Alleine die Lust und der Alkohol, die dabei sicher beteiligt waren, wären Wochen vorher leicht als systemwidrig gebrandmarkt worden. Ich stelle mir solche Abende als die Wiederentdeckung der Jugend nach so vielen Jahren in einem Scheiß-Krieg vor. „So viel Anfang war nie” – hieß treffender Weise ein Bildband und eine Ausstellung über diese wichtige Zeit aus dem Jahre 1989.
Feinrippt Lindner
Mit viel pseudo-staatsmännischem Gehabe ist also der aktuelle Jungspund der FDP, Christian Lindner, gestern Nacht vor die Presse getreten und hat diesen Satz rausgehauen: „Wir werden unsere Wähler nicht im Stich lassen, indem wir eine Politik mittragen, von der wir nicht überzeugt sind.? Entschuldigung, worum geht es noch mal bei Politik? In Auseinandersetzung mit anderen politischen Kräften versucht jeder, soviel von seiner Programmatik umzusetzen, wie möglich (legitim). Aber selbst FDP-Wählerinnen und -Wählern ist sonnenklar, dass dies eben nicht die komplette Umsetzung der jeweils eigenen Parteiprogrammatik in ein Regierungsprogramm sein kann. Die FDP hatte immerhin mit CDU und CSU zwei Parteien an ihrer Seite, mit denen es in der Vergangenheit und auch in der aktuellen Programmatik immer eine beachtliche Schnittmenge gegeben hat. Es ehrt hier die Grünen, dass sie wohlabgewogen viel Flexibilität zugunsten einer Regierungsbildung aufgebracht haben, und nicht – wie manche im vorhinein vielleicht geunkt hätten – die Sollbruchstelle in diesen Sondierungsgesprächen gebildet haben.
Vieles im Verlauf der immerhin mehr als sechswöchigen Gespräche spricht dafür, dass von Seiten der FDP nie ernsthaft geplant war (oder nur zum Preis der Selbstaufgabe der anderen Parteien), in eine gemeinsame Regierung einzutreten. So hat die FDP in Fragen der Zuwanderung ausgerechnet dann, wenn die CSU sich ein wenig bewegt hat, wieder die alten Positionen dieser Partei übernommen.
Die Zeiten, in denen die FDP von honorigen Leuten wie Gerhard Baum, Ralf Dahrendorf, Hildegard Hamm-Brücher oder Burkhard Hirsch vertreten wurde, sind offenbar endgültig vorbei und werden nicht wiederkehren. Hoffen wir, dass die Wählerinnen und Wähler bei der nächsten Wahl den selbstbezogenen Karrieristen der FDP eine gründliche Abfuhr erteilen und die FDP wieder in den sicheren Hafen der Bedeutungslosigkeit (was spricht gegen 4 %?) einkehren lassen.
Coming soon??
Neues von der Trumpfbacke
Es muss sich ungemütlich anfühlen, wenn der Herr so rumschreit: Großbuchstaben in Emails oder Twitter-Nachrichten sind bekanntlich als Schreien zu werten. Der erste Mitarbeiter Trumps aus seinem Kampagnenstab ist gestern mit Monafort festgesetzt worden. Außerdem wurden dessen Mitarbeiter Paul Gates unter Hausarrest gestellt und schon Anfang Oktober bekannte George Papadopoulos, ebenfalls aus Trumps Wahlkampfteam, dass er das FBI bei Vernehmungen belogen habe und dass er „proactive“ mit Sonderermittler Mueller kooperieren wolle.
Birne transformiert
Er war unser Lieblingsfeind in den 70er und 80er Jahren: Ein dicker und riesiger Mann mit einer gedehnten, oft geschwollenen Redeweise, der auch die Beimischung des von mir geschätzten Pfälzer Dialekts nicht aufhelfen konnte. Als wir ihn mit der ganzen Familie mal unvermutet in Deidesheim gemeinsam mit dem spanischen König sahen, kam er uns – fernsehentwöhnt wie wir damals waren – wie ein Wesen von einem fremden Stern vor.
Politisch waren die Menschen in meiner Umgebung und ich selbst meist konträr eingestellt zu dem, was die offizielle Regierungspolitik seiner CDU-geführten Regierungen von 1982 bis 1998 anstrebte. Trotzdem musste ich damals zugestehen, dass Kohl Leute in seine Regierungen holte wie Klaus Töpfer, Rita Süßmuth oder Heiner Geißler, denen man Anerkennung kaum verweigern konnte.