6 Gründe, warum die Einrichtung einer türkischen Schule in Köln eine schlechte Idee ist

Der Versuch, über eine Zentralmoschee die Verbundenheit der türkischen Community mit Köln zu erhöhen, ist bereits gehörig in die Hose gegangen. Wir erinnern uns, Erdogans Schaulauf, aber kein Vertreter der Stadt Köln: Einladung vergessen oder so.

Wer in der Schule mit türkischstämmigen Schülern und Eltern zu tun hat, wird wissen, dass das Deutsch mancher Eltern auch nach 20 oder 30 Jahren Leben in Deutschland kaum eine Verständigung erlaubt. Eine türkische Schule wird diese Tendenz, sich in seinem türkischen Kokon einzurichten, nur verstärken.

Die meisten Moscheen werden über die DITIB ausgehend von der staatlichen Religionsbehörde der Türkei Diyanet am kurzen Gängelband gehalten. Das schließt Gebete für Militäroperationen der Türkei in Syrien oder Spitzelaufrufe an die Hocas ein. Die Erwartung, dass Schulen sich in erster Linie dem Grundgesetz und nicht der türkischen Aufsicht verpflichtet fühlen, ist naiv.

Der Ramadhan ist im deutschen Schulsystem ein großes Problem: Fällt der Ramadhan in den Sommer, kommen bei großer Hitze häufig unausgeschlafene und mitunter aggressive Schüler in die Schule. In einer türkischen Schule wird dieses Problem zu Lasten sehr laxer Leistungsanforderungen in dieser Zeit vermutlich nicht bestehen. Es ist aber zu bezweifeln, ob unter solchen Umständen die Leistungsstandards des deutschen Schulsystems erfüllt werden.

Bereits jetzt ist es so, dass die meisten türkischstämmigen Schülerinnen und Schüler kaum das deutschsprachige Informationsangebot von Fernsehen und Zeitungen nutzen. Türkische Schulen werden diese Tendenz, nur die in der Regel gleichgeschalteten Medienangebote aus der Türkei zu nutzen, verstärken.

Der Wunsch, die eigene Sprache vertieft und auch als entsprechend gewichtetes Fach zu lernen, ist berechtigt. Soweit erforderlich können entsprechende Angebote an den bestehenden Schulen ausgebaut werden. Türkisch sollte auch als Leistungskurs gewählt werden können.

Irisch-englische Folk-Fundsachen #3

Lankum – The Old Man From Over The Sea
Lankum – Cold Old Fire
Lankum – The Granite Gaze
Radie Peat – Cailín deas crúite na mbó /When I Was A Young Girl
Lankum – Rosie Reilly (Live at The Parlour)
Lankum – Sergeant William Bailey (Sidmouth FolkWeek 2015)
Ímar – l’Air Mignonne (Canadian Sunshine)
„Pipes Solo – Lark in the Morning“ – Cillian Vallely & Alan Murray
Luke Kelly – Peat Bog Soldiers

Viel Spaß

Das achte Leben – Jahrhundertroman mit georgischem Hintergrund

„Ein Buch muß die Axt sein für das gefrorene Meer in uns“ ist von Franz Kafka überliefert. Darf’s vielleicht auch ein Hammer sein? möchte ich kess fragen, nachdem dieser 1275-Seiten-Wälzer 8 Wochen lang Lesefutter und schwer zu handhabendes Gewicht für mich war. Das Buch „Das achte Leben“ von Nino Haratischwili ist aber insgesamt ein Schwergewicht. Als Deutschlehrer, der kürzlich zwei besonders lernwillige Schülerinnen aus Georgien unterrichtet hat, wundert es mich auch nicht mehr, wie kurz nach ihrer Einreise Haratischwili zu der Zweitsprache Deutsch für ihren Roman gegriffen hat. (Da kann ich auch gerne über das ungeliebte beinhalten hinwegsehen.)

Der Inhalt kann nur in groben Zügen skizziert werden: Eine Familiengeschichte in Georgien, die die Autorin etwa 1900 beginnen lässt, reicht bis in die fast unmittelbare Gegenwart mit erneuter Unabhängigkeit des Staates Georgien hinein. Damit sind all’ die Jahre von Stalins Terror, die Leiden im Zweiten Weltkrieg, die Agonie der Breschnew-Jahre und die inneren Fehden im neuen Staat Georgien umfasst. Die Geschichte der Familie Jashi vollzieht sich vor diesem Tableau. Sie startet recht harmonisch, wenn der Stammvater der Erzählung als Schokoladenfabrikant den wirtschaftlichen Erfolg der Familie begründet. Dessen Kakao-/Schokoladenrezept ist allerdings so wirkmächtig, dass den wenigen, denen die Weitergabe des Geheimrezeptes anvertraut wird, äußerste Zurückhaltung und Verschwiegenheit verordnet wird. die besondere und nicht nur heilsame Wirkung des Kakaotrunks nur mit Bedacht zu gebrauchen. (Das ist eine kleine Anleihe an den Magischen Realismus.)

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„Unschuldig“ – Fernsehen geht auch anders

Schlag 21.45 Uhr (manchmal auch Minuten früher) forderte unser Hund vernehmlich seinen letzten Pippi-Gang auf die Straße ein. Das sture Programmschema von ARD / ZDF mit 90-Minuten-Filmen hatte sich nach 15 Jahren in das Gehirn unseres Hundes geradezu eingefräst.

Um so erfreulicher, dass sich der gestrige Film „Unschuldig“ von diesem Kreativität und Schaulust einschränkenden Schema verabschiedete. Der mit bekannten Schauspielern (Felix Klar, Anna Loos) und weniger bekannten, aber überzeugenden Gesichtern (Britta Hammelstein, Sascha A. Geršak) besetzte Film wartete mit einer Laufzeit von 2 Stunden 54 Minuten auf. Diese beachtliche Zeit wurde genutzt, um die Charaktere sorgfältig zu entwickeln und die Ermittlungsarbeit der Kommissarin und ihrer Kollegen detailliert zu schildern. Nahaufnahmen der Gesichter setzten die zum Teil dramatischen Wendungen ins Bild.

Davon gerne mehr!

Link auf den Film in der ARD-Mediathek

Hat Boris Kreide gefressen?

Es galt eigentlich als sein Markenzeichen, dass sich Boris Johnson immer mal wieder höchst unfein, sexistisch oder rassistisch äußerte (Stichwort letterbox). Im Moment scheinen seine Manager ein Auge darauf zu haben, dass so etwas vor dem Wahltermin in einer Woche unterbleibt.

Gleichzeitig hat es Johnson verstanden, solche Interviewtermine auszuschlagen, die seine Widersprüchlichkeit hätten aufdecken können. Dazu kommt ein Rückenwind, den er dem NATO-Gipfel in London zu verdanken hat. Den Rest besorgt das Mehrheitswahlrecht. Man muss dann wohl von einem kommenden Prime Minister Johnson nach dem 12.12. ausgehen. Begünstigt wird dies zudem durch einen Oppositionschef Corbyn, der eher den Robespierre in einer Laienspieltruppe geben könnte als den Regierungschef einer großen Volkswirtschaft. Die Briten werden sehen müssen, was sie mit einem obersten Windbeutel BoJo erwartet.

PSA-Wert – ein Glücksspiel?

Nein, es geht dieses Mal nicht um den Autobauer. PSA steht auch für Prostataspezifisches Antigen – ein möglicher Marker für Prostata-Erkrankungen. Und dessen Feststellung ist Bestandteil der Vorsorgeuntersuchung bei Männern. Ende September hatte ich meinen diesjährigen Vorsorgetermin und die KVB machte, was sie gerne tut, schlapp: Keine Züge verkehrten weit und breit. Kurzentschlossen hatte ich mich auf mein Fahrrad geworfen, um einigermaßen pünktlich den Termin zu halten.

Das Resultat: Ein Wert von 4,9 (Norm-Bereich geht bis 4,0) und die Aufforderung von meinem Urologen, sich Ende November zwecks Überprüfung dieses Wertes noch einmal vorzustellen.

Freund W. machte mich darauf aufmerksam, dass die Belastung des Damms beim Radfahren dazu beitragen kann, dass der PSA-Wert steigt. Ich also mit 14tägiger Radfahrabstinenz vor dem neuen Untersuchungstermin am letzten Donnerstag.

Schräg genug, der neue Wert lautet nun 3,2 – weit außerhalb der Zone, bei der man sich Sorgen machen kann. (Allerdings nehme ich seit dem September-Termin auch einen Alpha-Blocker – mag sein, dass der auch das Resultat beeinflusst.) Was soll man nun aber von einer Untersuchung sagen, die so empfindlich auf das Radfahren reagiert? Gut, dass es noch andere Untersuchungsmethoden gibt – auf das Ergebnis der PSA-Bestimmung werde ich jedenfalls in Zukunft eher weniger geben.

PS 6.2.2020: Kritisch sieht auch ein Artikel der SZ den PSA-Test.

Fußangel »beinhalten«

Vier Gründe, warum beinhalten doof ist und vermieden gehört:

• Geben Sie zu, auch Sie haben jetzt Bein halten gelesen. Stellen Sie sich vor, Deutsch ist nicht Ihre Erstsprache. Sie versuchen automatisch, Sinneinheiten zu finden und kennen bereits das Wort Bein. Das werden Sie mit großer Wahrscheinlichkeit in diesem Unwort sehen und erst mal Bahnhof verstehen.

• Mit Recht gilt Beamtendeutsch als verpönt: Ohne Not werden aus Verben in diesem Idiom Nomen gemacht. Einige Beispiele:

„Es muss der Nachweis erbracht werden …“, „Restmüllbeseitigungsbehälter“, „Voraussetzung für die Beschäftigung des Auszubildenden in diesem Bereich sind die erfolgte Datenschutzbelehrung und die Teilnahme an der Hygieneunterweisung sowie die Unterzeichnung der entsprechenden Bestätigungen.“

Merke: Nomen sind die erstarrte Lava in der Sprache und sind nur da angebracht, wo sie auch wirklich benötigt werden. Verben hingegen sind die Frischzellenkur, um Texte so tätig und – nun ja – aktiv zu machen, wie nur Verben es nun einmal vermögen.

Von daher ist der Versuch, aus dem Nomen Inhalt das Verb beinhalten abzuleiten, die Totgeburt schlechthin. Sie werden auch aus Betonboden kein Segelboot machen wollen – oder? Dem (Pseudo-)Verb beinhalten haftet noch so viel von seiner Nomenvergangenheit an, dass es nur zum schlechten und unfruchtbaren Zwitter taugt.

• Es gibt viele Alternativen, die das Gleiche aussagen: enthalten, umfassen, aufnehmen, bestehen aus, zusammengesetzt sein aus, manchmal auch speichern.

• Es gab mal eine Zeit, da war Technisches Deutsch ein Weltstandard im Bereich Technik und Naturwissenschaften. Auch im englischsprachigen Raum wurde dies als Fachsprache gelehrt. Die Shoah und der Zweite Weltkrieg haben davon wenig übrig gelassen. Trotzdem sollte jede/r darauf bedacht sein, dass ihre / seine Muttersprache biegsam, funktional und einladend für Sprachlernende aus jedem Land wirkt. beinhalten ist wirklich nur als Fußangel brauchbar. Also lieber weglassen…

Typographie in der Süddeutschen – Leserbrief

Ich abonniere die „Süddeutsche“ seit über 10 Jahren und ich bin von deren journalistischer Qualität, die meiner Frau und mir täglich geboten wird, nach wie vor überzeugt. Was mich seit einiger Zeit stört, ist das Missverhältnis bei der Beachtung typographischer Qualitätsstandards: Einerseits wird einem Politiker wie Erdogan, der Menschenrechte und Demokratie mit Füßen tritt, das ? spendiert. (Kann man so machen, muss man aber nicht.) Andererseits hat die „Süddeutsche“ die typographischen Anführungszeichen durch die Zollzeichen “ “ ersetzt und den Gedankenstrich durch das Minuszeichen. Mir helfen beide Zeichen beim Lesen, den Text schneller zu erfassen. Sie sind im übrigen für mich, vermutlich auch für andere, ein Zeichen der Wertschätzung formaler Textgestaltung. Ich finde, es stünde der „Süddeutschen“ gut an, hier bei Inhalt und Form stimmig im Sinne eines Qualitätsblattes aufzutreten.
G. Jünger, Köln

[Post Scriptum 25.11.19: Bug, no feature: Wie mir in einem freundlichen Antwortbrief der SZ heute mitgeteilt wurde, sind die angemahnten Unschönheiten bei der Typographie nur in der Online-Ausgabe der SZ enthalten und werden als Fehler betrachtet. Diese sollten noch abgestellt werden. Wohlan!]

Auf den Hund gekommen

Die Hunde meiner Kindheit machten es eher unwahrscheinlich, dass aus mir noch mal ein überzeugter Hundehalter würde: Der Schäferhund einer Nachbarin wurde in einem Zwinger gehalten und kläffte entsetzlich, Hunde auf Spaziergängen erschienen mir gefährlich. Damit machte ich diese aber erst recht auf mich aufmerksam. Sympathie auslösend war das alles nicht!

Dass wir tatsächlich auf den Hund kamen, war dann eher einem Zufall zu verdanken. Unser Jüngster sollte zur Kommunion ein Kaninchen von seiner Tante geschenkt bekommen. Das wäre dann ein eher langweiliges Tier geworden, fand ich und plädierte dann doch eher für einen Hund. Immerhin hatte mein Opa mal einen Dackel besessen. Rassehunde – die Meinung meiner Frau – seien krankheitsanfällig und lebten nicht lange. Es sollte also ein Mischling aus dem Tierheim sein. In einem nahe gelegenen fand ich dann im Gewusel von kläffenden und gegen die Zwingertür springenden Hunden tatsächlich einen dunklen, noch kleinen Hund in der Ecke. Wie groß der denn noch würde, war meine Frage – das war klar Risiko mininierend gemeint. Er würde nicht mehr viel wachsen, da sei ein Dackel mit drin, hieß es. Die großen Pfoten sprachen dagegen, der halbjährige Dackelmischling (Tierpass), Straßenhund aus Athen und später bis zu 30 Kilo schwer, kam dann aber trotzdem mit uns nach Köln. Der Name Kevin gefiel uns nicht, so kehrten wir zum ursprünglichen Namen des Hundes zurück: Noah.

15 1/2 Jahre gingen ins Land und alle Familienmitglieder waren unserem Hund auf unterschiedliche Art, immer aber ohne Vorbehalt, zugetan. Wenn ich überlege, von wievielen Menschen ich mich verabschieden musste und unter welchen Umständen das zum Teil erfolgte, wundere ich mich selbst über die mit dem Hund verbundene Verlusterfahrung. Woher rührt nun solch eine intensive Bindung? Versuch einer Antwort.

Mein erstes Stichwort wäre Evolution. Als moderne Menschen leben wir – und das begreifen wir oft als Vorteil – auch in der Familie eher auf Distanz. Wir sind keine Menschenaffen, die sich beim Zusammentreffen kraulen oder noch andere Dinge tun. Wie entspannend aber das Streicheln von Fell wirkt, wird jeder Halter von Hunden oder anderen Haustieren bestätigen. Es befriedigt ein sehr elementares Bedürfnis. Das funktioniert selbst dann noch, wenn beispielsweise bei Demenzkranken viele Gehirnfunktionen ausfallen. Die Welpenschule im Altersheim um die Ecke ist für alle das monatliche Erlebnis. Das Kraulen und Lausen der Menschenaffen und die damit verknüpfte Emotionalität ist in gewisser Art auf den Hund (oder andere geeignete Haustiere) ausgelagert. Alle, auch unsere erwachsenen Kinder, haben ausgiebig unseren Hund gekrault und mit ihm gekuschelt. Das funktionierte auch dann, wenn mal in der Familie „dicke Luft” herrschte. Ich habe deswegen schon mal scherzhaft davon gesprochen, dass der Hund ein „Gefühlsverstärker” sei. Spannend wäre es zu erfahren, ob das Bindungshormon Ocytocin bei Hundehaltern deutlich stärker vertreten ist als bei Leuten ohne Hunde.

Umgekehrt gibt es – zweites Stichwort – aber auch keine Tierart, die sich so vorbehaltlos dem Menschen zuwendet. Bei unserem Hund war das besonders ausgeprägt. Es äußerte sich zum Beispiel auch zuerst Fremden gegenüber. Waren die zu Beginn vielleicht sogar angewufft worden, wurde unser Hund erst bei der Verabschiedung richtig laut. Er wollte alle zusammen halten, es steckte offenbar viel an Hütehundeigenschaften in ihm. Eine irische Freudin sprach mal davon, dass Hunde awfully attached (schrecklich anhänglich) gegenüber ihren menschlichen Bezugspersonen seien. Das traf es bei uns wohl von beiden Seiten.

Wir vermissen daher unseren Hund immer noch schmerzhaft. Jetzt müssen wir erst mal durch eine hundelose Zeit.