Putin oder Putin?

Richtig, auch wenn mit großem Brimborium vorbereitet: Die aktuelle Wahl in Russland ist eine Farce, das Ergebnis hat lange vorher schon festgestanden. Daher ist es nur konsequent, dass EU-Ratspräsident Charles Michel bereits vor der Wahl Putin zu seinem Sieg gratuliert hat. („Ich möchte Wladimir Putin zu seinem Erdrutschsieg bei den heute beginnenden Wahlen gratulieren“)

Derjenige, der Putin wirklich hätte gefährlich werden können, wurde zeitnah „entsorgt“: Alexei Nawalny starb am 15.2.2024, nachdem er mit Haft, immer mal wieder durch einen speziellen Strafisolator (siehe Bild) verschärft, mangelnder ärztlicher Versorgung und dem Giftanschlag von 2020 systematisch um seine Gesundheit gebracht wurde. Ein simpler Mord machte mit dem realem Menschen Nawalny und der Symbolfigur all’ derer, die auf ein anderes Russland hofften, kurzen Prozess.

Putin kann sich nun eine vor allem für den russischen Hausgebrauch dienliche Scheinlegitimität besorgen. Wie stark in die Wahl eingegriffen wird, ist auch aus einer über die Mobiltelefone realisierte Kontrolle ersichtlich: Mitarbeitende der Staatsbetriebe erhalten auf ihr Telefon einen Link gesendet, der dem Arbeitgeber zurückmeldet, ob der Inhaber gewählt hat oder nicht. Insgesamt wird ein Land einmal mehr auf einen Diktator eingeschworen, dem ich ein möglichst kurzes Leben wünsche. (Vielleicht ist ja ein 20. Juli in der nächsten Zeit in Russland erfolgreicher als der unsrige im Jahr 1944.)

Die imperialistische Ausrichtung des gegenwärtigen Russlands ist jedenfalls auch daran sichtbar, dass Putin in Ländern wie Transnistrien oder den besetzten Gebieten der Ukraine wählen lässt, die definitiv nicht Bestandteil Russlands sind.

Die treffend Karikatur von Klaus Stuttmann hierzu.

Niedertracht trägt den Namen Putin

Jetzt kann sich Herr Putin also die Hände reiben. Nachdem ein Farbanschlag und der fast tötliche Nowitschok-Anschlag 2020 Aleksei Nawalny nicht brechen konnten, hat jetzt der Dauerstress durch Isolationshaft, Schlafentzug und mangelnde medizinische Versorgung Putins profiliertesten Widersacher getötet. Vielleicht gab es aber auch einen weiteren Mordanschlag innerhalb der Gefängnismauern auf Nawalny. Die verzögerte Herausgabe des Leichnams an seine Familie lässt Übles befürchten.

Putin kann jetzt seine Wahl-Farce im Hochgefühl seiner militärischen Erfolge in der Ukraine und auf dem Feld der innenpolitischen Auseinandersetzungen zu Ende bringen.

Es verdient Anerkennung, dass Nawalnys Witwe den politischen Kampf in Russland weiterführen möchte. Wie viel Gelegenheit sie dazu aus dem Ausland haben wird, bleibt abzuwarten.

Alle hier in Europa, die mit naivem Augenaufschlag meinen, man müsse nur lange genug das Wort „Friedensverhandlung” bemühen, sollten endlich realisieren: Mit Putin und seinen Handlangern sind auf absehbare Zeit keine Verhandlungen möglich. Hier gilt es nur, dem Vernichtungswillen im Inland gegen politische Oppositionelle und im Ausland gegen ungeschminkte Eroberungsgelüste etwas entgegen zu setzen. Die Russenknechte hier und anderswo werden mal in 20 Jahren ähnlich wie die Deutschen nach ’45 gefragt werden, „Wie habt ihr das geschehen lassen können?”