Es ist beglückend, dass der russische Oppositionspolitiker Nawalny gestern kontrolliert aus dem ärztlich eingeleiteten Koma zurückgeholt werden konnte und ansprechbar war. Gott sei Dank. Man muss aber jetzt weiterhin und vielleicht sogar mehr um Navalny besorgt sein: Der Arm russischer Mordanschläge endet nicht an den russischen Grenzen, wie man seit S. Changoschwili (2019) und Sergej Skripal (2018) weiß. Im Fall von Skripal wurde ebenfalls wie bei Nawalny das Nervengift Nowitschok eingesetzt.
Es ist nun der Zeitpunkt gekommen, sich nicht weiter von Russland vorführen zu lassen. Ein spürbares Zeichen für Russland wäre es auf den Weiterbau von North Stream 2 zu verzichten. Wenn dies über die europäische Schiene veranlasst würde, könnte das auch die Schadensersatzansprüche beteiligter Firmen geringer halten.
Eine wenig sympathische Rolle spielt die Partei “Die Linke” in der innenpolitischen Beurteilung dieses Falles. Am Sonntag noch hat die Linken-Politikerin Sevim Da?delen bei Anne Will sich in vornehmer Zurückhaltung geübt. Wahrscheinlich hätte sie sich auch auf Ahnungslosigkeit berufen, wenn sie unmittelbar Zeugin des Giftanschlags geworden wäre. Übrigens, Sevim Da?delen steht nicht allein mit dieser ausgesprochen nachsichtigen Haltung gegenüber Russland innerhalb der “Linken” gegenüber Verbrechen, die man Russland zuschreiben muss: Klaus Ernst, Dietmar Bartsch und Klaus Gysi tuten in das gleiche Horn.
Dies ist auch nicht verwunderlich bei der DNA der “Linken”. Wie schon die Vorläuferparteien DKP, SEW, DFU und SED hat sie vielfältige Förderung aus Russland (auch finanzieller Art) mit der Münze politischer Unterstützung des russischen Machtanspruchs zurückgezahlt.
Nutzanwendung für die kommende Kommunalwahl in NRW? Manches an der Partei “Die Linke” mag sympathisch erscheinen. Solange diese Partei aber keinen nachvollziehbaren Kehraus mit ihrer letztlich stalinistischen Vergangenheit vorzeigen kann, ist sie in meinen Augen nicht wählbar. Ich hoffe, dass viele Wähler*innen am Sonntag (13.9.) das ähnlich sehen und dieser Partei ihre Stimme versagen.
Langfristig wäre es wichtig, dass zivilgesellschaftliche Gruppen in Russland unterstützt werden, wie das z.B. von der Heinrich-Böll-Stiftung getan wird. Solange Russland anti-demokratisch im In- und Ausland agiert, sollten auch in Russland engagierte Firmen wie VW, SAP, Siemens, BMW usw. überlegen, ob sie ihr wirtschaftliches Engagement dort nicht zurückfahren oder beenden.