Kardinalfehler Woelki #2

KHKT (Kölner Hochschule für Katholische Theologie)

Im September 2018 begann ich berufsbegleitend ein kleineres Theologiestudium, das sich „Theologische Zusatzqualifikation” nannte. Es startete an der Philosoph-Theologischen Hochschule in Sankt Augustin, die sich in den Händen der Steyler Missionare befand. Ich habe dort wie in Köln aufgeschlossene Dozentinnen und Dozenten gefunden, deren wissenschaftliche Qualifikation außer Frage stand. Diese Hochschule wurde zunächst dem Namen nach, später auch vom Ort her ab 2020 als Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) weitergeführt. Diese Hochschule befindet sich in den modernisierten Räumlichkeiten eines früheren erzbischöflichen Berufskollegs im Stadtteil Lindenthal.

Ausgerechnet Lindenthal, mag man denken. Wenn Kirche den „Stallgeruch” (Papst Franziskus) der Menschen annehmen sollte, müsste sie hier – metaphorisch gesprochen – Chanel N° 5 auftragen. Ein Unding für eine Kirche in der Nachfolge Jesu Christi! Auch soziologisch ist diese Entscheidung für Lindenthal anfechtbar: Hier verdienen 58 % der Menschen mehr als 3.600 € monatlich, weit mehr als sonstwo in der Mehrzahl der Stadtbezirke Kölns. Wie sollen Studentinnen und Studenten hier einen Blick für die Gegebenheiten und Nöte der Menschen erwerben? Statt „Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!” (Mk 16,15) scheint für Herrn Woelki folgende Lesart vorzuherrschen „Geht in den Winkel und verkündet das Evangelium eurer Klientel”. Damit ist eine froh-machende, befreiende Botschaft um ihre wesentliche Eigenschaften beraubt.

Nicht nur der Ort ist fragwürdig: Ein existenzbedrohliches Problem für diese Hochschule ist ihre völlig ungeklärte finanzielle Basis: Woelki musste zur Finanzierung dieser Hochschule auf Sondervermögen zurückgreifen, das für diese Aufgaben gar nicht vorgesehen war. Dass Gremien wie der Haushaltsausschuss der Erzdiözese umgangen wurden, kann kaum verwundern. Jährlich werden aus dem Sondervermögen 3 Millionen € entnommen, vorgesehen waren in einer Anschubphase 1,2 Millionen Euro. Die Hoffnung auf Spender und Stiftungen, die hier hilfreich einspringen könnten, muss selbst ein Herr Woelki inzwischen aufgegeben haben. Dazu kommen diverse handwerkliche Fehler bei der Ausgestaltung von Arbeits- und Auflösungsverträgen, die das Budget der Hochschule weiter belasten. Nicht eingerechnet bei den Belastungen sind noch nicht einmal Rückstellungen für Pensionsberechtigungen.

Die fragwürdige institutionelle Aufhängung der KHKT neben einer etablierten und angesehenen theologischen Fakultät in Bonn* ist ein weiterer Punkt: Mit Recht legt der Staat, vertreten unter anderem durch die KMK fest, dass theologische Hochschulen sich der Interdiziplinarität einer größeren Hochschulumgebung stellen müssen. Das gilt gleichermaßen für die Ausbildung muslimischer wie christlicher Religionslehrer und Theologinnen und Theologen. Genauso muss der Staat gewährleisten, dass Studierende an der KHKT in den verschiedenen Studiengängen dort auch in Zukunft  ihren Abschluss machen können. Wenn die ganze Konstruktion wackelt, wird die staatliche Zusage für die Studierenden in dieser Hinsicht schwierig. Dann muss ggf. einer lehrenden Einrichtung wie der KHKT die Zulassung entzogen werden.

Was verspricht sich nun ein Herr Woelki von so einer Einrichtung? Priesterausbildung nimmt im Kirchenbild von Herrn Woelki die zentrale Rolle ein. Dass in ganz Deutschland im Jahre 2021 nur 62 Priester geweiht wurden, ist noch nicht richtig zum Erzbischof durchgedrungen. Um so mehr müssen die wenigen Priesteramtskandidaten – das darf man als Idee unterstellen – auf das rückwärtsgewandte Theologie- und Kirchenverständnis dieses Mannes eingeschworen werden. Woelki hat deswegen die Priesterausbildung an der KHKT zum „zentralen Anliegen” der Pastoral aufgewertet.

Sollte Herr Woelki allerdings nüchtern sein zentrales Anliegen betrachten, müsste er sich eingestehen, dass auch an dieser Stelle die Zahlen nicht stimmen: Priesteramtskandidaten mit einem deutschen Hintergrund gab es zu meiner Zeit an der KHKT so, dass man sie an einer, maximal zwei Händen abzählen konnte. Daneben gab es (etwas mehr in der Summe) Mitstudenten mit indonesischem, indischem, afrikanischem, chinesischem oder polnischem Hintergrund. Diese können sicher später ebenso gut wie die wenigen deutschstämmigen Kollegen die Aufgaben von Priestern bekleiden – alleine die ganze Ausrichtung von Kirche auf Priester ist absolut gestrig und nicht tragfähig. Da brauchen wir nicht über diese winzigen Zahlen zu reden.

Fast nebensächlich neben diesen ernüchternden Fakten ist meine persönliche positive Lernerfahrung an PTH und KHKT: Ich habe es durchaus genossen, in kleinen Gruppen theologische Grundbildung zu erfahren. Exegese AT und NT, Pastoraltheologie, Übungen zu Jugendpastoral, zur Ethik, dazu Liturgiewissenschaft und Fundamentaltheologie haben mich persönlich bereichert. Hier war es mal ein Vorteil, anders als in meinem Lehramtsstudium in den 70er Jahren in kleinen Gruppen zu lernen oder Vorlesungen zu empfangen. Und woran die KHKT sicher nicht scheitert, ist die Qualifikation und das Engagement ihrer Dozentinnen und Dozenten.

Dennoch die Frage, ob die KHKT eine Zukunft hat? In der gegenwärtigen Zielstellung sicher nicht. Sie könnte als Institut einer anderen Einrichtung angegliedert werden und müsste die Verkündigungsfähigkeit der Getauften und Gefirmten als zentrale Aufgabe in den Blick nehmen. Mit Herrn Woelki in der Bistumsleitung wohl kaum denkbar. Daher einmal mehr:

Ceterum censeo Woelkium esse retractandum…

Quelle: KStA 17.5.23
*Es gibt außerdem noch Studiengänge in katholischer Theologie für die Lehrerausbildung an der Universität Köln und Wuppertal.

5 Gedanken zu „Kardinalfehler Woelki #2“

  1. Lieber Georg,
    Die Infos, die wir von dir bekommen zum Thema KHKT sind doch bereits lange bekannt.
    Viel interessanter ist doch die Frage:
    WARUM ist Woelki GEGEN den Willen des Kölner Pfarrbezirks immer noch in Amt und Würden ? WARUM wird er von Franziskus gehalten ? Antidemokratisch, gegen den Willen der Gläubigen, die immer noch nicht digital austreten können, um deren Geld Monate länger zu kassieren…
    Zu diesem Themenkomplex möchte ich gerne etwas lesen, aber da halten sich sich die Katholiken zurück…Zurückhaltung und fehlenden Mut sehe ich da, wo es WIRKLICH BRENNT !
    Ran an den brennenden Dornbusch, das wünsche ich mir.
    Mit herzlichen Grüßen, lieber Georg,
    von andrea
    Bei

  2. Lieber Georg,
    noch ein Themenwunsch:
    Warum werden die Strukturen und Vorgänge der Vatikan-Bank nicht offengelegt ? Warum erfährt die Öffentlichkeit nicht, wie das Geld ? der Gläubigen angelegt wird, in welchen Aktien und Projekten ? Warum öffnen sich die Tresore nicht für die Flüchtlinge auf der ganzen Welt, von denen es immer mehr gibt ?
    Stattdessen Protz und Prunk einer Institution, die sich selber hermetisch erhält & feiert …..
    Bitte mal ein paar Gedanken zu diesem Thema…
    Herzliche Grüße von Andrea

  3. ALTE HÜTE, ALTE MITREN….

    Was ERWARTE ich von einem Blog ?
    Kreative Perspektiven, widerborstige Ideen, überraschende Aspekte…
    Dein Blog über die KHKT fast längst bekannte Infos zusammen und ist meiner Ansicht nach PSEUDO-KRITISCH, weil keine NEUEN Aspekte vorkommen.
    Mich würde die Frage interessieren:
    Welche SCHLUSSFOLGERUNG ziehst du aus dem bekannten Desaster ? Nicht mal der Ansatz einer Überlegung ist zu finden.
    Ein Maßstab für einen Blog sollte die Frage sein :
    Welche Inhalte sind bisher NICHT BEKANNT, welche kreativen Anregungen/Angebote könnte ich geben ?
    Oder auch mal neue / andere Fragen zu stellen….Eine IDEE für die PRAXIS, das HANDELN zu entwickeln…

    Bitte mehr Mut gegenüber deiner Kirche !

    Herzliche Grüße von Andrea

    1. Beim letzten Mal, dass mir eine Frau gesagt hat, was ich tun und lassen sollte, war ich nach meiner Erinnerung 14. Meine Mutter verfehlte jedoch das, was sie erreichen wollte, um längen. Die Form ihrer Ansage hat dann zumindest temporär auch unsere Beziehung belastet.
      Vielleicht verbirgt sich, liebe Andrea, in deinem rundumschlag-mäßigen Abarbeiten an der katholischen Kirche eine uneingestandene Hoffnung auf eine deutlich andere Gestalt dieser Organisation. Da hätten wir dann wieder etwas gemeinsam…

  4. Was haben Themenvorschläge mit Vorschriften zu tun ? NICHTS !
    Und Themenvorschläge haben ebenfalls nichts mit Müttern oder Vätern zu tun, sie sind genderfluide, divers und orientieren sich an den Interessen deiner Leser:innen… ( nur mal so zur Erinnerung….)
    Aber vielleicht möchtest du ja keine VORSCHLÄGE in Form von IMPULSEN, könnte ja auch sein.

    Und die VATIKANBANK ist nach wie vor ein spannendes Thema, Woelki ist immer noch da und die Missbrauchzahlen steigen in atemberaubender Geschwindigkeit.
    (Nein, nicht jeder thematische Impuls hat etwas mit deiner Mutter zu tun…)

    Und nein, ich halte die Katholische Kirche nicht für reformfähig und die Menschen treten in Massen aus, sie stimmen mit den Füßen ab. Wäre es Online möglich, würden sich die Zahlen vermutlich verdoppeln.

    Und die ersten Beschlüsse/Vorlagen des Synodalen Weges sind bereits kassiert worden, Woelki wird’s freuen….

    mit diversen herzlichen Grüßen
    Andrea

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