Für 37 Jahre besaß das Städtchen Dingle auf der gleichnamigen Halbinsel eine verlässliche Attraktion: Der auf den Namen Fungie getaufte Delfin lebte ortsfest im großen Naturhafen von Dingle. Seit Mitte Oktober diesen Jahres gab es keine Sichtungen mehr des Delfins. Eine zuverlässige Erwerbsquelle für die Bootsführer einer Reihe von Schiffen ist weggefallen. Diese Menschen müssen sich nach etwas Neuem umsehen.
Auch wenn mir der Rummel um Fungie manchmal auf die Nerven ging (und erst recht vermutlich diesem Tier), war es doch schön, abends zum Leuchtturm zu gehen und einigermaßen zuverlässig Fungie vom Ufer aus beobachten zu können.
Vielleicht war für Fungie auch einfach nicht genug los, jetzt im Covid-19-Lockdown. Häufig lieferte er sich Wettrennen mit den Booten, die jetzt kaum noch ausfuhren. Zum Trost: Ortsfeste Delfin-Gruppen gibt es auch an der schottischen Küste im Moray Firth vor Inverness. Wir haben auch schon mal Delfine vor Ventry / Ceann Trá beobachtet. Die Welt hat es übrigens registriert, dass dieses besondere Tier sich verzogen hat oder tot ist: New York Times, BBC und die Irish Post berichteten.
Dingles bester Botschafter – wahrscheinlich nicht mehr für lange Zeit – ist Fungie. Er lebt schon Jahrzehnte als Einzeltier in der Dingle-Bucht und gibt geschätzten 30 Leuten Lohn und Brot, die mit ihren Schiffen Fungie in der Bucht besichtigen lassen– man könnte auch sagen „tierisch auf die Pelle rücken”.
Fungie ist aber offenbar nicht der einzige atypisch lebende Vertreter seiner Spezies. Wie Jürgen Teipel über den Tierfilmer Roland Gockel berichtet, gibt es mehrere solcher Delfine, die sich eher an Menschen als an eine Gruppe ihrer Artgenossen binden. Eine verblüffende Pointe am Schluss des Artikels: Man ist sich am Ende gar nicht mehr sicher, wer hier um wen kreist…
Seit 1983 lebt in der Bucht von Dingle ein Delphin-Männchen, für das sich irgendwann der Name Fungie einbürgerte. Die Dingle-Bewohner begegnen ihm mit einer Mischung aus Sympathie oder – ob des Boheis – auch schon mal mit Ironie. Im an droichead beag-Pub haben wir jedenfalls schon freche Lieder über ihn gehört.
Es gibt eine regelrechte kleine Industrie um Fungie, die vor allem darin besteht, dass Boote vom Hafen aus starten, um ihn zu besichtigen. Da der Verkaufsslogan no see, no pay lautet, heften sich schon mal bis zu 5 Boote an seine Hacken, was für das Tier einen beträchtlichen Stress verursachen dürfte. Andere Möglichkeiten sind, sich einen Tauschanzug auszuleihen und mit Fungie zu schwimmen. Das Faszinierende ist dann aber tatsächlich, wenn das halb-wild lebende Tier zu sehen ist…
Auch an Fungie sind die Jahre nicht spurlos vorüber gegangen, er lässt sich vermutlich auch deswegen deutlich seltener sehen und springt auch nicht mehr aus dem Wasser oder liefert sich Wettrennen mit den Booten, die ihn verfolgen. Auch eine Verletzung Fungies durch einen Bootspropeller (kürzlich geschehen) dürfte zum Abstandhalten des Tieres beigetragen haben. Am letzten Wochenende waren wir schließlich Zeuge, wie 5 Boote vergeblich nach ihm über eine Stunde suchten, bis die Suche – sinnvollerweise – irgendwann eingestellt wurde. Fungie durfte mal ein bisschen im Abseits verschnaufen …
Wie Dingle mit einem absehbaren Ende von Fungie umgehen wird, ist noch nicht abzusehen. Sicher gibt es auch Möglichkeiten, im Sommer die sogenannten eco tours Richtung Blasket Inseln auszuweiten. Auf dem Weg dorthin sind auch schon mal Delphine zu sehen. Dass ein Delphin sich noch mal mit dieser Ausschließlichkeit in der Bucht ansiedelt, wird wohl kein zweites Mal eintreten.
Was kann der Dingle-Besucher selbst tun, um Delphin-Gucken und Respekt vor dem Tier zu vereinen? Die gewaltfreie Methode, Fungie zu sehen, ist ein Fernglas mitzunehmen und einen Gang vom Hafen aus Richtung Skellig Hotel oder Leuchtturm am Ufer entlang zu machen. In unmittelbarer Nähe zum Leuchtturm hält sich Fungie häufig auf und kann mit einem Fernglas ohne Beeinträchtigung des Tieres gut beobachtet werden. Mit viel Glück ergibt sich aber vielleicht auch etwas anderes wie für uns vergangene Woche: In der Bucht von Ceann Tra / Ventry war wegen der Mondkonstellation ein außergewöhnlich starkes Hochwasser. Vom Strand aus konnten wir beobachten, dass eine Gruppe von 4 bis 5 Delphinen auf Nahrungssuche in die Bucht gekommen war. Nach 10 Minuten waren dann allerdings die Delphine wieder weg. Auch Seehunde haben wir in dieser Bucht schon gesehen…