Retreat in the city from the city – anders reisen

Reiseerfahrung im allgemeineren Sinne ist nicht notwendigerweise an Verkehrsmittel gebunden – eine wichtige Erkenntnis in Covid-19-Zeiten: Wir – meine Schwestern und ich – konnten als kleine Kinder zum Beispiel hingebungsvoll Schiffsreise spielen auf dem Chaiselongue unserer Küche in Troisdorf. Und entkamen den beengten Verhältnissen.

Meditation kann ähnliche Erfahrungen eröffnen: Abschied vom Alltag, Heraustreten aus dessen Zwängen und Anforderungen, Hinwendung zu etwas Neuem, das Gott heißen kann. St. Peter in der Jabachstraße hat in diesem Sinne am Ende der Sommerferien zum zweiten Mal eine Auszeit unter dem Titel Retreat in the city from the city angeboten. Der Name ist Programm: keine ländliche Abgeschiedenheit mit Kühen, stattdessen Nähe zum Neumarkt mit seinem Drogen-Hotspot und dem Drogenkonsumraum im Cäcilienhof. Dafür aber ein karger und trotzdem einladender, leerer Kirchenraum, in dem ein Chillida-Altar, ein Gerhard-Richter-Bild (als Ersatz für den in Restaurierung befindlichen Rubens) und weitere Kunst aus einigen Jahrhunderten Akzente setzen. Dazu kommt ein einladender Innenhof mit drei Schatten spendenden Platanen, zur Straße abgeschirmt durch eine Mauer.

Der Kurs dauert 4 1/2 Tage und wird von Ada von Lüninck, Stephan Kessler SJ und Dominik Sustek kundig angeleitet. Wesentliches Element ist das Sitzen in der Tradition des Zen: 40 Minuten Sitzen, 20 Minuten Gehen – zur vollen Stunde wieder das Gleiche. In der Mittagszeit wird ein einfaches Essen angeboten, das von den 8 Teilnehmer*innen selbst zubereitet wird. Wenn das Tagesprogramm gegen 17.30 Uhr endet, weiß jede / r, was sie / er getan hat. An drei der Tage schließt sich ein sehr schlichter Gottesdienst an.

Der geistige Input ist spärlich, aber ausreichend: einige Texte an der Wand (darunter der Bernhard-Text von unten), etwa 20 Buchtitel zum Thema Exerzitien, Meditation und geistige Begegnung zur Auslage. Dazu kommt das Angebot zu zwei etwa 20-minütigen Gesprächen mit einer der anleitenden Personen. Als Programm für eine wohltuende, aber auch fordernde Auszeit reicht das allemal.

Katholische Kirche in Köln wird oft und meistens zu recht gescholten. Wenn sich Kirche so allumfassend (?????????) präsentiert wie an diesem besonderen Ort St. Peter und mit diesen besonderen Tagen, kann ich nur sagen Mehr davon. Herzlichen Dank an Ada von Lüninck, Stephan Kessler und Dominik Sustek.

Bernhard von Clairvaux

Du musst nicht über Meere reisen,

musst keine Wolken durchstoßen
und musst nicht die Alpen überqueren.
Der Weg, der dir gezeigt wird, ist nicht weit
Du musst deinem Gott nur
bis zu dir selbst entgegengehen.