Raumpatrouille – Matthias Brandts Erzählungsbändchen

Raumpatrouille
Raumpatrouille

Mit einem kleinen, aber feinen Bändchen mit kurzen Erzählungen zeigt Matthias Brandt, dass er nicht nur als Schauspieler eine gute Figur abgibt. Wer der gleichen Generation wie Brandt (*1961) angehört und dazu im Vor-Mauerfall-Bonn gelebt hat, wird zahlreiche Aha-Momente erleben.

Berührend ist, wie Brandt gerade nicht einen Prominentenbonus ausschöpft, sondern im Gegenteil den fernen Kanzlervater aus einer fast unüberbrückbaren Distanz beschreibt. Trotzdem ringt der Protagonist um die väterliche Nähe und Beachtung. Die Absonderlichkeiten, die in diesem Milieu von lebensnaher-liebevoller Mutter und seltsam abwesenden Vater gedeihen, sind Gegenstand der Erzählungen.

Zum Wegschmeißen komisch zum Beispiel die Schilderung, wie Vater Brandt und Herbert Wehner mal eine Versöhnungsradtour unternehmen sollen und diese Begegnung im Wortsinne auf so bedrückende, wie komische Weise entgleist. Noch ein für Heiterkeit („Jimmy“) sorgender Text, der aber auch die große Sehnsucht nach normalem Leben des Erzähler-Ichs zeigt, ist „Nirgendwo sonst”. Die gemütliche, wärmende und klar strukturierte Enge im Elternhaus von Schulfreund Holger löst zwar einerseits den Wunsch aus, auch einmal richtig irgendwo zugehörig zu sein. Am Ende ist aber der Ich-Erzähler doch wieder froh, in die gewohnten, wenn auch sterileren Abläufe zu Hause einzutauchen.

Die phantasierte Nähe des Protagonisten zu Heldenrollen wie Mondfahrer, Torwart, aber auch Briefträger wird glaubhaft und ohne nachträgliches Besserwissen entwickelt und nimmt einen für Brandt ein, der sich diese Nähe zu vergangenen Rollen gestattet, ohne sie nachträglich zu denunzieren.

Ein Interview, das Brandt über den Abschied von seiner Mutter geführt hat, liest sich als passende Ergänzung zu dem empfehlenswerten Erzählbändchen.

Matthias Brandt: Raumpatrouille. Geschichten, Kiepenheuer & Witsch