Wer auf der Suche nach einem Feriendomizil in der Pfalz eine ganze Zahl von Wohnungen besichtigt hat, kommt um eine Erfahrung nicht herum: Statt Kruxifix im Eingangsbereich oder Engel über dem Ehebett gibt es nicht selten Buddha-Abbildungen oder -Figuren zu sehen. An einer nicht unwichtigen Stelle hat sich offenbar für viele etwas deutlich geändert: Traditionelle Orientierung am Christentum raus, fernöstliche Buddha-Optik (oder mehr?) rein.
Was bringt Leute dazu – habe ich mich gefragt – sich zumindest äußerlich dieser Weltanschauung zuzuwenden? Dass sie eine honette Religion (Heinrich Heine) sei, lässt sich übrigens bezweifeln, da sie keinen transzendentalen Gott kennt.
Auf der Suche nach Antworten lässt sich Verschiedenes erwägen. Die erste Antwort ist vermutlich eine negative Bestimmung. Die Imprägnierung durch ein auch kulturell und gesellschaftlich etabliertes und damit sichtbares Christentum ist für viele Menschen ausgeblichen. Was nützen die Kirchtürme und das Glockenläuten oder die Heiligenbilder bei der Oma, wenn das gelebte Christentum nur an wenigen Stellen und durch wenige glaubhafte Leute beeindruckt? Christentum hat es dazu noch schwer – ein selbst gemachtes Problem – durch den Skandal um sexualisierte Gewalt positiv zu erscheinen. Das alles hinterlässt eine Leerstelle, wenn Krankheit oder Wissen um die eigene Endlichkeit, auch Kontingenzerfahrung genannt, bohren.
In diese Leerstelle passt Buddhismus ziemlich gut. Was dieser Siddhartha Gautama deutlich vor Christus mal gelehrt hat, dürfte für die meisten noch weniger bekannt sein als das, was Christen beispielsweise über Jesus oder Muslime über Mohammed wissen. Diese Form von Buddhismus dient ja auch – mein Eindruck – eher einer Wohn- und Umweltgestaltung im weitesten Sinn. Bevor es weltanschaulich dann doch zu kahl und zugig zugeht, greifen viele dann zur Buddha-Figur. Eine Verpflichtung wird damit kaum eingegangen: Kein Glaubensbekenntnis oder keine Fünf Säulen, wie Christentum oder Islam sie kennen. Statt Taufe oder einem Ich bekenne… dient der Gang in den Baumarkt oder ein Gartencenter als Initiationsritus. Religiöse Praxis kann so ganz nach eigenem Gusto gewählt werden. Ein solcher Buddhismus ist dann das perfekte weiße Blatt, dem alles Mögliche zugesprochen werden kann.
Im Zweifelsfall reicht für manche vermutlich, ein Paar Räucherkerzen abzubrennen oder Meditation prinzipiell gut zu finden. Wenn dann der Thailand-Urlaub noch das Erleben von Menschen beschert, die im Alltag äußerlich sichtbar Buddhismus leben, kommt noch das Plus der Exotik dazu. Dazu kann noch mit Buddhismus verknüpft werden, dass Leiden nicht bejammert, sondern als gegeben anzunehmen ist. (Mit dieser Lebenseinstellung sind Menschen ja erst mal nicht schlecht aufgestellt.) Damit wäre dann das Religionssurrogat – ein bisschen böse formuliert – fertig.
Positiv nehme ich als Anstoß von Buddhismus auf, sich zum Beispiel in Zen-Meditation positiv auf eine alte Meditationspraxis einlassen zu können. Die kann tatsächlich der allgemeinen Gschaftelhuberei entgegengesetzt werden und in der Atemerfahrung unter anderem den Umgang mit dem eigenen Tod vorbereiten. Erfreulicherweise wird diese Meditationspraxis an vielen Stellen auch in einem christlichen Kontext ermöglicht.
Trotzdem bleibt für mich die Frage: Was fasziniert an dieser Religion heute, wenn ähnliche Facetten auch bei anderen, näher liegenden Religionen zu finden sind? So kann man Franziskus als vergleichbaren Aussteiger aus einem Leben in Reichtum und einem stark empfundenen “Ennui” sehen. Diskussionsprozesse zwischen religiösen Führerfiguren und ihren Schülern finden sich ebenso in den chassidischen Erzählungen von Martin Buber. Vielleicht ist es dann doch so: Die Lehre von der Leere – oder ist es eher umgekehrt? – eröffnet die Möglichkeit, irgendwie religiös zu sein, ohne sich zu binden. Diese Leerstellen laden zur DIY-Religion mit Zutaten aus den DIY-Bauhäusern oder Gartenbaubetrieben ein.
Wer übrigens meint, dass mit einer buddhistischen Religion das Thema sexualisierte Gewalt vermieden würde, irrt. Sie / er google bitte die Suchwörter Sangharakshita, Sogyal Rinpoche und Sakyong Mipham.
Buddhismus – einige Fakten. Siddhartha Gautama (563 v. Chr. bis 483 v. Chr.) entstammte einer adeligen Familie. Seine Erfahrung mangelnden Sinns in einer „gepamperten“ Umgebung veranlasste ihn, mit 29 seine Frau und seinen Sohn zu verlassen. Mit 35 – nachdem er andere Religionsansätze verworfen hatte – hatte er ein Erweckungserlebnis. Es folgten Wanderjahre, in denen sich die Grundsätze seiner Überzeugungen (u.a. Dukkha, Samudaya, Nirodha, Magga) herausbildeten. Ziel seines eigenen Lebens wie das derjenigen, die seiner Religion folg(t)en, ist Bodhi, der Zustand der Erleuchtung. Wie zeigt sich buddhistisches Bekenntnis in Deutschland? Die Deutsche Buddhistische Union (DBU) schätzt, dass sich heute etwa 250.000 Menschen in Deutschland zum Buddhismus bekennen. In dieser Zahl sind auch Menschen mit nicht-deutschem Hintergrund enthalten. Weltweit gibt es ungefähr 230, nach anderer Zählweise bis zu 500 Millionen Buddhisten. Das macht diese Religion zur viertgrößten weltweit.
Auch der führende Vertreter des Buddhismus, der Dalai Lama, zeigt sich der sexuellen Übergriffigkeit schuldig, als er einen Jungen zum Zungenkuss animiert. Siehe
https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/dalai-lama-junge-video-100.html