2004 waren die olympischen Spiele in Athen. Die Stadt wollte sich propper präsentieren und ließ alle Straßenhunde einfangen, die dann anschließend getötet werden sollten. Auch Noah – unser Hund – gehörte zu diesen Hunden, hatte aber das Glück, von Tierfreunden in ein Tierheim nach Wiehl verfrachtet zu werden. Dort haben wir ihn im Frühjahr 2005 gegen Erstattung einiger Kosten als Familienhund zu uns geholt.
Noah – Vorbesitzer von ihm, die mit ihm nicht zurecht gekommen waren, hatten ihn „Kevin“ genannt, wir sind dann schnell wieder zu seinem ersten Namen „Noah“ zurückgekehrt – hatte als junger Hund all’ die Flausen im Kopf, die auch andere Jungtiere und Jungmenschen an sich haben. In einer Hinsicht war er aber von Anfang an ziemlich besonders: Er konnte ziemlich bald an den Wanderungen teilnehmen, die nach der Familienphase immer mehr möglich waren. Mit einer Frauengruppe und einem zweiten Hund hat er eine beträchtliche Anzahl von Etappen auf dem Camino nach Santiago di Compostella auf dem ersten Teil durch die Eifel und Lothringen mitgemacht.
Später dann ist er mit uns in trauter Dreisamkeit durch Belgien (am Fahrrad), die Pfalz und das Sauerland gezogen. Tagesetappen von 20 bis 25 Kilometer hat er dabei locker weggesteckt. Ich habe ihn für mich schon mal zum „besten Wanderhund diesseits des Orinocos“ gekürt.
Nachdem er bei den Hundstagen im Mai 2017 aber zu viel Flüssigkeit verloren und ein akutes Nierenversagen hatte, sind die Kreise deutlich kleiner geworden. Bei kaltem Wetter kann er immer noch Strecken von 5 bis 6 Kilometer absolvieren. Er trottet aber dabei auch schon mal hinterher und muss nicht mehr an der Spitze voranstürmen.
Noah – nach Angaben in seinem Ausweis am 1.10.2003 geboren, was aber bei einem Straßenhund nicht auf die Goldwaage gelegt werden sollte – entwickelt jetzt andere Qualitäten, mit denen er mich für sich einnimmt: Als betagter alter Herr, der beim Aufstehen nur mit ein bisschen Mühe sein Hinterteil hoch bekommt, ist er zu einem überzeugenden Rollenmodell für Alterung geworden: Er murrt nicht, hadert nicht mit seinem Schicksal, trägt seine körperlichen Macken mit Würde und Ausgeglichenheit und freut sich ansonsten, wenn er weiterhin Streicheleinheiten in der Familie genießen kann und einfach dazu gehört. Jüngere Hunde, die sich nicht respektvoll genug verhalten, werden schon mal zurecht gewiesen, ansonsten nehmen auch Spaziergänger wahr, wie zufrieden und würdig Noah auftritt. Selbst sein Erzfeind, die Mountainbiker, werden mit etwas mehr Gelassenheit quittiert, wobei auch das schlechterere Gehör sein Teil dazu beitragen mag.
Ich hoffe jedenfalls für mich, wenn mich in Zukunft mehr Zipperlein oder richtige Beschwerden plagen werden, dass ich mich an Noahs’ Contenance und Würde im Alter erinnern werde…