Auch wenn es nur wenige hören wollen: Es wird Zeit, dass sich die NATO / der Westen eindeutig zur territorialen Unverletzlichkeit der Ukraine bekennt. Wenn es sein muss – und ein deutliches Zeichen könnte Herrn Putin tatsächlich beeindrucken –, muss dieses Zeichen auch die Mitgliedschaft in der NATO einschließen.
Wer schon etwas betagter ist wie ich, wird sich noch an die Situation in den baltischen Staaten in den 90er Jahre erinnern. Die von russischer Seite unterstützten Unruhen dort, die durchaus die Unabhängigkeit dieser Staaten bedrohten, fanden erst dann ein Ende, als schließlich alle drei baltischen Staaten Mitglied der NATO wurden.
Die Bereitschaft des Westens, sich für Demokratie, Menschenrechte und Souveränität einzusetzen, darf nicht deswegen für die Ukraine fehlen, weil sie sich weiter östlich befindet. Die NATO ist kein Angriffsbündnis und hat – die Luftschläge gegen Serbien ausgenommen* – keine Liste von Ländern aufzuweisen, in die einmarschiert oder die politisch „befriedet” wurden: DDR 1953, Ungarn und Polen 1956, CSSR 1968, Krim-Besetzung 2014…
Ein weiterer Punkt, der Instabilität verheißt: Putin sieht sich im Fall Nawalny zunehmenden Protesten im Inneren gegenüber. Ein beliebtes Mittel von Autokraten wäre ein außenpolitisches Abenteuer, um von der innenpolitischen Malaise abzulenken.
PS 24.4.21: Eine gewisse Erleichterung werden wahrscheinlich die meisten gespürt haben, als ein Abzug der russischen Manövertruppen aus unmittelbarer Grenznähe zur Ukraine angekündigt wurde. Dieser Vorgang kann aber Teil der maskerova, der planmäßigen Verwirrung und des planmäßigen Betrugs der gegnerischen Kräfte sein, die Teil der sowjetisch-russischen Militärdoktrin ist. Gucken wir also weiterhin genau hin.
*Diesen ging die Ermordung von über 8.000 muslimischen Männern in Srebrenica voraus.