Boris Johnson als Lappenclown

Ältere Semester werden ihn noch kennen: Eine immer noch gültige Führerschein-Ausfertigung der alten Bundesrepublik galt als Lappen, weil er auf ein Leinen basiertes Papier gedruckt wurde. Er war unhandlich, immer etwas speckig, hatte aber einen Vorteil: Er berechtigte dazu, LKWs bis 7,5 t zu fahren.

Boris Johnson muss arg in Not sein, wenn er diese Eigenschaft von Deutschen (horribile dictu) angesichts der aktuellen Transportkrise im Vereinigten Königreich nutzen benutzen möchte. Die Leute, die ich kenne, werden als Akademikerinnen kaum Interesse haben, für ein Butterbrot englische Lieferwagen durch’s Land zu fahren.

Vielleicht hat BoJo aber viel strategischere Ziele. Er möchte im kommenden Kölner Karneval – so er denn stattfindet – als Lappenclown geehrt werden. Das ist eine für den Kölner Karneval typische und höchst angesehene Verkleidung. Dem clownesken BoJo ist diese Rolle nun wirklich auf den Leib geschnitten.

And one more thing, BoJo: Can’t help either, exchanged this special lappen licence some years ago to have less hassle when using a rental car in Ireland.

mayday – mayday … but no May day

Man fragt sich: Warum tut sich die Frau das an? Als Remainer die Aufgabe zu schultern, den von Boris Johnson, Nigel Farrage und Co losgetreteten Brexit in ausführbare Politik umzusetzen. Ein 6-stündiges Kabinettsmarathon durchzustehen und dann vor der Kamera eine Erklärung abzugeben, die den Bruch nur notdürftig überdeckt. Die Erfahrung zu machen, dass wichtige Mitarbeiter im halben Dutzend von der Fahne gehen. Und ständig im Nacken zu haben, das ein Misstrauensvotum oder Neuwahlen bevorstehen könnten.

Nein, Theresa May ist um ihren Job nicht zu beneiden. Auch die zur Schau gestellte Zuversicht (strong and stable in Endlosschleife) hatte die Wähler bei den vorgezogenen Wahlen nicht überzeugt. Und jetzt steht noch die vermutlich unlösbare Aufgabe bevor, das Brexit-Vertragswerk durch das Parlament zu boxen.

Die Alternative: ein unkontrollierter Brexit mit schwerwiegenden wirtschaftlichen Verwerfungen. Die Pille, die noch das ganze UK schlucken muss, ist dabei noch gar nicht mitgerechnet: British Empire 2.0 wird es nicht geben. Bis Handelsverträge mit möglichen Partnern abgeschlossen werden könnten, werden Jahre ins Land gehen. Sollte Großbritannien auf Lohndumping setzen, werden die Arbeiter nicht mitspielen. Und die EU wird es nicht zulassen, dass ein unlauterer Wettbewerber vor ihrer Haustür startet.

Auch die Spannungen im eigenen Land (Nord-Irland, Schottland) tragen nicht dazu bei, dass in den nächsten Monaten ein himmlischer Frieden ausbrechen und May ruhig schlafen könnte. Es wäre nicht verwunderlich, wenn in einigen Jahren das ganze Vereinigte Königreich tatsächlich den Notruf mayday absetzen müsste. An May wird man sich dann ungefähr so lebhaft erinnern wie an Edward Heath oder John Mayor.