ELIZAs Bruder Karim – Computer als Mittel der Psychotherapie?

Für Joseph Weizenbaum war es offenbar eine Art Damaskus-Erlebnis, als er 1966 realisieren musste, dass sein Programm ELIZA am Massachusetts Institute of Technology als tatsächliches Therapieinstrument angenommen und missverstanden wurde. Er beschreibt das in seinem Buch Die Macht der Computer und die Ohnmacht der Vernunft, wie sich eine Sekretärin einschließt, um ungestört mit dem ELIZA-Programm zu kommunizieren. Weizenbaum hat dieser Gebrauch seines Programms, das mehr als eine Art Fingerübung gedacht war, so erschreckt, dass dies in der Folgezeit zu einer überaus kritischen Beurteilung von Computeranwendungen fast jedweder Art bei ihm beitrug. In diesem Zusammenhang spricht er von einer „ernstzunehmende(n) Wahnvorstellung”, die der Computer auslöst. ELIZA war im übrigen der Versuch, die relativ einfachen Regeln der Gesprächstherapie nach Roger in einem Softwareprogramm abzubilden.

Jetzt, etwas mehr als 50 Jahre später, hat es Michiel Rauws mit seiner Firma X2AI erneut unternommen, bestimmte Regel geleitete Kommunikationen auf einen Rechner zu übertragen. Er nennt sein Programm Karim. Es wird im Libanon unter traumatisierten Flüchtlingen aus Syrien eingesetzt, um ihnen zumindest dieses eine Ventil für ihre bedrückenden Erfahrungen zu geben, sich einem Arabisch sprechenden Programm anzuvertrauen. Dass hinter den gegebenen Antworten ein Computer steht, wird von manchen Patienten eher als Vorteil gewertet, da es so leichter fällt sich zu offenbaren. Ob dieser „Freund” – wie der Guardian schreibt – ein Vorbote für andere, neue Ansätze in einer computerunterstützten Psychotherapie ist, bleibt abzuwarten.

Schon länger werden allerdings Computer in anderen Anwendungsfeldern im therapeutischen Umfeld eingesetzt:
• im diagnostischen Vorfeld von Therapien
• in der Ausbildung von Therapeuten, um deine angemessene Konzeptualisierung von Fällen zu erleichtern (COCACO, Uni Freiburg)
• in der Nachsorge nach Klinikaufenthalten durch Chats

Im weiteren Sinne therapeutisch arbeitet auch aktuell ein Forschungsprojekt der Uniklinik Köln, in dem Schülerinnen und Schüler bei Problemen wie „Traurigkeit, Ängste(n), Selbstwert- oder Konzentrationsprobleme(n) oder ausgeprägte(r) Anstrengungsvermeidung” (aus dem Flyer) durch eingehende Beratung und anschließende regelmäßige Kontaktaufnahme über eine Smartphone-App geholfen werden soll.

Wachenheim – Deidesheim oder vom Vorzug des Trampens

Wir waren von Deidesheim nach Dürkheim gewandert und wollten nun mit der Bahn den Rückweg antreten. Alleine es fehlte an Kleingeld und dass der Automat auch meinen 5-Euro-Schein geschluckt hätte, ging mir zu spät auf. Also musste es für mich, anders als für meine Begleitung, das preiswertere Ticket nach Wachenheim sein. Da gleich zu Beginn kontrolliert wurde und die Bahn aus einem Doppeltriebkopf von vielleicht 25 Meter Länge bestand, hätte ich mich schwerlich bei einer zweiten Kontrolle rausreden können und wollen „Ausstieg verpasst…”.

In Wachenheim hieß es also aussteigen, zur Hauptstraße zu gehen, (dabei zu registrieren, wieviele Niederlassungen die Firma Bürklin-Wolf unterhält) und am Ortsausgang den Daumen rauszuhalten. (Die Tramperei ist zwei unserer Kinder übrigens höchst peinlich, sie unken, wir würden nur aus Mitleid mitgenommen, weil wir so fertig aussähen – so kann Kinderliebe aussehen…) Das erste Fahrzeug war ein Feuerwehrwagen, ich nahm meinen Daumen bereitwillig zurück. Der dritte Wagen, der eine Wendung auf der Landstraße Richtung Deidesheim vornahm, dann ein Caddy-Kleintransporter. Die junge Frau, die mich zusteigen ließ, gab mir zu verstehen, dass sie nicht auf direktem Weg nach Deidesheim führe, sondern noch eine Inspektionsfahrt zu machen hätte. Das alles war mir nur Recht, erfuhr ich doch so, dass die junge Frau aus Sardinien kam, bereits drei Jahre in Deutschland lebte und dort auch ihre Ausbildung gemacht hatte und dass sie jetzt für das erwähnte Weingut Bürklin-Wolf arbeitete. Jetzt gerade war es ihr Job, bei Fahrten durch die Weinanpflanzungen (Weinberge würde es nicht richtig treffen) festzustellen, ob und wo sie am Folgetag spritzen könnte.

Das Deutsch der jungen Frau war so gut, dass ich mich fast nicht getraut hätte, nach ihrer Herkunft zu fragen. Sie stöhnte im Rückblick vor allen Dingen über das deutsche Fachvokabular, das sie im Rahmen ihrer Ausbildung lernen musste. Ich konnte ihr aber bestätigen, dass sich das Lernen sehr gelohnt hatte, da sie sich grammatikalisch perfekt und ohne die manchmal störende Intonation von französischen oder italienischen Sprechern äußern konnte. Das Einzige, was ihr fehle, sei, dass sie in drei Jahren noch wenig Menschen, insbesondere Männer kennengelernt habe – die nähmen Anstoß an ihrem dunklen Hauttyp. Da musste ich persönlich kapitulieren, möchte aber auf diesem Weg allen Männern in und um Deidesheim einen Wink mit dem (Wein-)Zaunpfahl geben…

Übrigens haben wir zu anderen Gelegenheiten beim Trampen überaus unterhaltsame, manchmal aber auch ein wenig beängstigende Fahrten z.B. von Eyeries (Beara) nach Killarney mit einem Zauberwesen unternommen, das sich selbst mit „I’m half a car, half a woman” vorstellte. Das wäre dann aber wieder eine andere Geschichte vom Trampen, das häufig lehrreicher ist als jede Bildungsreise, einen fast immer nette Menschen kennenlernen lässt und einen recht zuverlässig von A nach B bringt.